Last, Logistik, LKW: „Hallo Zukunft“ oder „Null Bock auf den Bock“?

Feuerwehrmann, Lokmotivführer oder Lkw-Fahrer! Wenn man  unseren männlichen Nachwuchs, dessen persönliche Mobilität sich eher noch auf die Inanspruchnahme eines Bobby-Cars beschränkt, einmal nach dessen späteren  Berufswünschen  befragt, dann kommt meist irgendetwas aus dieser Gattung dabei heraus: Groß muss es sein, lautstark und auffallend. Und natürlich muss man damit fahren können. Da sich derlei frühkindliche Berufsvorstellungen aber nun einmal im Laufe eines Heranwachsenden-Lebens (meist) relativieren, ist es mit dem beruflichen Nachwuchs im wirklichen Leben nicht allzu gut bestellt.

Trucker 2013 05Zumindest gilt dies für den Bereich des Berufskraftfahrers. Von wilder Trucker-Romantik des „lonely Rider“, der auf seinem Bock vom Nordkap bis nach Gibraltar  Herrscher über Europas Fernstraßennetz ist, bleibt da herzlich wenig übrig. Das Gegenteil ist der Fall. Mangelhafte Bezahlung, unregelmäßige Arbeitszeiten, ein reichlich strapaziertes Bandscheiben- Netz und ein Rücken, der allzu früh zu allem taugt: nur nicht mehr zum Lkw fahren. Zudem ist das Bild des Profis im Führerhaus in den vergangenen  Jahren nicht gerade zeitnäher und  positiver geworden. Lkw sind größtenteils Feindbilder auf der Autobahn. Was  Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz angeht, gilt die Branche bestenfalls als  nicht ganz auf der Höhe. Oder schlicht und ergreifend als rückständig.

Dass technische Innovationen in punkto Ökologie und Ökonomie zwingend notwendig sind, das erwies sich jetzt auch bei einer  Fachtagung am Rande des ADAC Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring. Der „Trucker“, wie er vereinfachend genannt wird, ist Europas größtes Sammelsurium an Motorsport mit Renn-Lkw, an Industrie-Schaufenster und an wildem Fernweh- und Country-Feeling. „Tun wir nichts, belassen wir es so, wie momentan alles ist, dann laufen wir dem Nachwuchs hinter her. Und die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihn dabei einkriegen wird immer geringer“, sagte auch Heinz-Werner Lenz. Der 55jährige aus Plaidt in der Eifel ist nicht nur mehrfacher Truck-Europameister der späten 1990er Jahre, sondern auch Speditions-Unternehmer. Der Mann weiß also, wovon er spricht.

Trucker Nürburgring 2012 02Auch davon, dass sich das Berufsbild rund um den Schwerlastverkehr ändern muss. Dass die Brummis nicht mehr (nur)  als stinkende und an Autobahn-Aufstiegen ächzende und kriechende  Verkehrs-Hindernisse wahrgenommen werden. Wieviel „grüne Ideologie“ muss also rein ins Berufsbild des Berufskraftfahrers von morgen? Oder am besten schon von heute. „Umweltfreundlichkeit beim Transport“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung, Adalbert Wandt, sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nur: kosten dürfe sie halt wenig. Am besten gar nichts. Denn der Konkurrenzdruck ist riesig, die Margen würden immer geringer. Da könnten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen nicht noch groß in ökologische Neuerungen investieren. Und das Ganze einfach an den Kunden weiter zu leiten,  das sei diesem schwer bis gar nicht  zu vermitteln.

Ab Januar 2014 ist für alle Lkw die Schadstoff-Grenze  Euro VI gefordert. Dabei seien schon  die aktuellen Euro-V-Fahrzeuge  saubere Transportmittel.  Zwar senke die neue Grenzlinie  zum wiederholten Male  Partikel- und NOx-Ausstoß. Doch die vergleichsweise geringen  Öko-Pluspunkte seien  mit Mehrkosten von etwa  10.000 Euro pro Fahrzeug  für „die Kleinen unter den Dicken“ kaum noch tragbar. Hinzu, so Wandt, komme, dass  die Fahrzeuge um einige Kilo schwerer würden und womöglich mehr  Dieselkraftstoff als bisher verbrauchen.

Trucker 2013 06Das Transport-Gewerbe in der Klemme: An etlichen Stellschrauben muss gedreht werden, um das Berufsbild der Branche den aktuellen Erfordernissen an zu passen. Verbrauchsminderung, geringere Emissionen, aber auch Anreize an junge Leute, den Beruf des Kraftfahrers zu erlernen, seien unabdingbar.  Bestes Beispiel für die Bedingungen des  „Status Quo“ war Referent  Siegfried Wieferig vom Logistik-Konzern Lanxess. Wer mit seinem  Unternehmen ins Geschäft werden wolle, der  benötige: Zertifizierung, CO2-Reports, Telematik und Fahrzeuge mit neuester Abgasnorm.

Trucker 2013 07Initiativen wie „Grüner Reifen“, in dem rollwiderstandsarme Reifen im Praxisbetrieb untersucht werden sollen, oder „Hallo Zukunft“, das sich für den Nachwuchs in der Logistik einsetzt, sollen die Weichen für die Zukunft stellen. An Interessenten mangelt es nicht. Nur die Bedingungen sind offenbar nicht zeitgemäß.  Zwar wurden beim „Trucker“ auf bunten Flyern junge Leute portraitiert, die von ihrer Ausbildung zum Lkw.-Profi schwärmten, doch ein 18jähriger aus der Eifel traf den Nagel vieler Gleichaltriger auf den Kopf, als er meinte:  „Für 720 Euro im dritten Lehrjahr und nicht viel mehr als Neu-Einsteiger in den kommenden Jahren mache ich mir das Kreuz nicht kaputt. Da habe ich null Bock auf den Bock.“

Text und Fotos: Jürgen C. Braun