Spätestens seit den ersten Tagen des Diesel-Skandals vor mittlerweile etwas mehr als zwei Jahren wird verstärkt über die Antriebe der Zukunft diskutiert. Ist das Ende des Verbrennungsmotors gekommen? Wenn ja, wann und in welcher Geschwindigkeit? Wenn nein, welche Ressourcen hat der Verbrenner, hat vor allem der Selbstzünder noch?
Ist der Diesel nun alleiniger „böser Bube“, oder wird er nur dazu gemacht? Wurden seine durchaus positiven Auswirkungen aus den vergangenen Jahrzehnten auf unsere individuelle Mobilität einfach beiseite geschoben? Oder ist Diesel-bashing einfach nur „en vogue“ geworden? Und wenn ja, wer ersetzt den Diesel (und irgendwann auch den Ottomotor) auf unseren Straßen,?
Eine der denkbaren Möglichkeiten forciert Volkswagen trotz der Hinwendung zur Weiterentwicklung der E-Mobilität mit dem Thema Erdgas. Auf einem sogenannten CNG Mobility Day (CNG = Compressed natural Gas) ging es darum: Kann (darf / soll) Erdgas das neue Diesel sein?
Mit seiner Erdgas-Offensive will der Konzern Privat- wie Flottenkunden. Als VW kürzlich den neuen Polo vorstellte, war auch eine Erdgas-Variante (TGI) darunter. Volkswagen hat für seine Erdgas-Initiative auch Partner aus der Zulieferer-Industrie, von Unternehmen aus der Gas- und Mineralölwirtschaft gewonnen. Dieses Konsortium hat einen ehrgeizigen Plan: Es will den momentanen Bestand von gerade einmal 100.000 Erdgas-Fahrzeugen in Deutschland mittelfristig verzehnfachen. Bis zum Jahr 2025 sollen eine Million Fahrzeuge auf deutschen Straßen rollen. CNG weist im Kreis der fossilen Energieträger die geringsten Schadstoffe, Treibhausgas-Emissionen und Feinstaubbelastung auf. Zudem bleibt es nach der Verlängerung der Steuerbegünstigung bis 2026 finanziell reizvoll.
Das aber geht nur, wenn auch die notwendige Infrastruktur geschaffen wird. Derzeit liegt dieser Wert bundesweit bei etwa 900 Stellen. Dieses Netz soll mittelfristig auf 2000 Stellen ausgeweitet werden Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wurden im ersten Halbjahr 2017 keine 1000 Erdgas-Fahrzeuge neu zu gelassen. Im Vergleich zum Jahr 2016 sank diese Zahl sogar um ein Drittel. Erdgas hinkt damit weit hinter der Zahl neu zugelassener Elektro-Fahrzeuge (mehr als 8000 im ersten Halbjahr 2017) hinterher.
Dennoch geben sich die Initiatoren optimistisch und unterstützen ihr Vorhaben. Wer auf ein CNG-Fahrzeug aus dem Konzern, wie etwa den Polo TGI oder den vergleichbaren Seat Ibiza 1.0 TGI, umsteigt, der erhält eine sogenannte „Zukunftsprämie“ in Höhe von bis zu 2000 Euro.
Zusätzlich nimmt VW dem Kunden die Angst, zwischen zwei Erdgas-Tankstellen liegen zu bleiben. Daher haben alle CNG-Modelle des Konzerns einen bivalenten Antrieb, verfügen also auch noch über einen Verbrennungsmotor. Geht das Erdgas an Bord also zur Neige, dann wird automatisch auf Benzinbetrieb umgeschaltet.
Diese Maßnahme scheint zu greifen: Denn mit dem „Erdgas-Soli“ wuchs der Absatz der Wolfsburger CNG-Fahrzeuge im Oktober um mehr als ein Drittel gegenüber dem Vormonat. „Fossiles Erdgas im Straßenverkehr bringe „erhebliche Vorteile für Umwelt, Volkswirtschaft und Autofahrer“, sagt dazu Dr. Jens Andersen, der Bereichsleiter der Technologie-Strategie der Volkswagen AG. Er sieht das ökologische Potenzial des Energieträgers Erdgas noch lange nicht ausgereizt. Fossiles Erdgas im Straßenverkehr bringe „erhebliche Vorteile für Umwelt, Volkswirtschaft und Autofahrer“.
CNG habe „langfristig das Potenzial, zum vollständig klimaneutralen Energieträger für individuelle Mobilität zu werden“.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun