Tourenwagenmasters mit „Eifeler Stallgeruch“ auf dem Nürburgring: Beim siebten von zehn Rennen in dieser Saison werden am Sonntag zwei Lokalmatadore besonders im Mittelpunkt stehen: Der Neuwieder Mike Rockenfeller (Audi) und der Gönnersdorfer Christian Vietoris (Mercedes-Benz). Der eine, weil er einen Riesensatz in Richtung Titelgewinn machen kann, der andere, weil er endlich seinen Frieden mit seiner Hausstrecke schließen will.
Wer geglaubt hatte, die DTM habe seit ihrer Premiere im Jahr 1984 mittlerweile alles an Kuriositäten und Kabinett-Stückchen aufgebraucht, womit der Motorsport aufwarten kann, der musste sich in diesem Sommer eines Besseren belehren lassen. Zwei Beispiele: Dem Schweden Mathias Ekström (Audi) wird nachträglich der Sieg vom Rennen auf dem Norisring aberkannt, weil ihm und sein Vater und ein Teammitglied vor lauter Freude beim Jubeln Wasser in den Fahreranzug kippten. Was eigentlich nur ein Dummejungen-Streich sein sollte, erwies sich als fataler Fehlgriff. „Eki“ musste mit dem Inhalt zweier Flaschen Wasser im Anzug zum obligatorischen Wiegen und war – gut durchnässt – zu schwer. Die Konsequenz: Regel-Verstoß. Sieg futsch!.
Drei Wochen später setzte der allgewaltige russische Präsident Wladimir Putin beim ersten Gastspiel der Serie in Moskau noch einen drauf. Weil wegen des geplanten Putin-Überflugs über die Strecke der Luftraum gesperrt wurde und deshalb der Rettungshubschrauber nicht hätte aufsteigen können, wurde das letzte Viertel des Qualifyings abgesagt. Profiteur war ausgerechnet DTM-Spitzenreiter Mike Rockenfeller, der als Tagesschnellster nach „Q3“ einen Start-Ziel-Sieg auf dem „Moscow Raceway“ feiern durfte.
Will der Audi-Pilot am kommenden Sonntag erneut von der Pole Position aus ins Rennen gehen, dann muss er wohl auch nach vier „Quali-Sitzungen“ der Schnellste sein. Davon sollte man zumindest ausgehen. Indes: Allzu oft hat die Eifel sich nicht an traditionelle Vorgaben gehalten und „der Ring“ hat gemacht, was er wollte. Weshalb „Rocky“, mit 94 Punkten und damit deren 27 mehr als Titelverteidiger Bruno Spengler (Kanada / BMW) Titelanwärter Nr. 1, seine Prognosen für das „Heimspiel“ auch ein wenig vorsichtig formuliert:
„Der Nürburgring ist eine Piste, auf der wir wieder um den Sieg mitfahren können. Es wird zwar wird nicht einfach werden, aber ich denke, wir sind besser aufgestellt als im Vorjahr. Das Team ist zudem konstanter geworden.“ 40 Kilometer hat der geborene Neuwieder von zu Hause an den Ring: „Auf dem Nürburgring habe ich mit 16 Jahren zum ersten Mal in einem richtigen Rennauto, einem Formel König, gesessen. So was vergisst man nicht.“ Auch nicht mit 29 Jahren und als „alter Hase“ mit siebenjähriger DTM-Erfahrung.
Noch näher hat es Christian Vietoris, der Mercedes-Shooting-Star dieses Jahres, bis zum „Ring“. Der 24jährige aus dem kleinen Eifelörtchen Gönnersdorf liegt als Vierter in der Gesamtwertung nur um einen Punkt hinter der nominellen Nr. 1 der Stuttgarter, dem Briten Gary Paffett. „Am Ring hat alles angefangen für mich, dort habe ich mit vier Jahren zum ersten Mal in einem Kart gesessen.“ 15 Kilometer nur muss Vietoris von der elterlichen Wohnung bis an den Grand-Prix-Kurs zurück legen. Als DTM-Pilot war dem ehemaligen GP2-Spitzenmann die Strecke bisher nicht gewogen. Kein einziges mageres Pünktchen gab es in den beiden vergangenen Jahren: Weshalb er fast schon flehentlich orakelt: „Ich hoffe, dass der Ring in diesem Jahr etwas netter zu mir ist.“
Darauf vertraut aber auch Titelverteidiger Bruno Spengler im BMW nach der ärgerlichen „Null-Nummer“ von Moskau. Dort hatte ihn Audi-Pilot Miguel Molina nicht gerade Gentleman-like „aus dem Weg geräumt.“ Wegen der 27 Punkte Rückstand auf Rockenfeller mache er sich (noch) keine Sorgen. „Mein Rückstand auf Gary Paffett war im vergangenen Jahr noch größer gewesen, und dann wurde ich im letzten Rennen doch noch Meister.“ Dennoch beteuert der Kanadier: Wir haben noch Schwachpunkte, die wir spätestens bis zum Qualifying am Nürburgring ausmerzen müssen.“
Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Braun, Werksteams