So ein bisschen was hatte dieses Kultauto vor mehr als 20 Jahren (genau sind es 22) auch gemeinsam mit einem Kultfilm: Genau vier Mal richtete Humphrey Bogart als Rick Blaine in „Casablanca“ jenen Satz an seine Filmfrau Ilsa , der den Leinwandstreifen und das Film-Paar Humphrey Bogart / Ingrid Bergman unsterblich machen sollte: „Ich schau Dir in die Augen Kleines.“
Genau so blickte im Jahr ihrer Erstauflegung auch die kleine französische Knutschkugel namens Twingo, die Renault auf den Markt warf: Mit zwei herzzerreißend weit aufgerissenen Glubsch-Äuglein, ging es verwundert und ein wenig schüchtern in die große weite Autowelt. Alleine in Deutschland wurden von diesem Kulleraugen-Auto bis heute rund eine halbe Million Stück verkauft. Der Twingo wurde zum Begriff. Und viele Zeitgenossen, die es mit den Firmennamen nicht so sehr „am Hut“ hatten, kannten und kennen zwar den Twingo, doch dass dahinter ein Renault steckt, ist nicht jedem bewusst.
„Casablanca“ bleibt einmalig und wird es bleiben. Aber der Renault Twingo fährt in diesen Tagen in seiner dritten Generation auf unsere Straßen und einen Hauch von bunter, frecher und zuweilen auch skurriler Einmaligkeit hat „le Petit“, der Kleine, immer noch. Oder besser, wieder. Renault hat sich nämlich bei der dritten Generation sehr darum bemüht, dass das Kultauto der letzten 20 Jahre ein solches bleiben soll. Viele technische Details, auch und vor allem im Bereich der Konnektivität mit der Außenwelt, sollen dem 3,60 Meter kurzen Twingo dazu verhelfen, sich seinen Marktenteil gegen mehr als 20 Mitbewerber bei den Kompakten zu sichern. Das sind im Moment immerhin mehr acht Prozent.
Also zählen wir einige der auffallendsten und effektivsten „Geburtshelfer“ auf. Da ist einmal die Organverpflanzung von vorn nach hinten. Das Herz des Twingo schlägt jetzt hinter den Passagieren. Auch eine Folge dessen, dass der Twingo technisch sehr eng mit dem Smart verbandelt ist. Von wegen also, das Zeitalter des Heckmotors ist überholt. Das Triebwerk ist von einer dicken Metallplatte verdeckt, die eine Aufheizung des Innenraums und störende Vibrationen oder Geräusche des Arbeitstaktes verhindern sollen.
Renault hat die beiden Dreizylinder-Benzinmotoren (einen Sauger und einen Turbo mit wahlweise 71 oder 90 PS) also ins Heck verpflanzt. Das gibt mehr Platz im Innenraum, bei gleichzeitig kürzeren Überhängen. Zudem glänzt Twingo Nr. drei mit einem um 13 Zentimeter gestreckten Radstand und einem Wendkreis von gerade einmal 8,65 Meter. Das waren beim Vorgänger noch runde zehn Meter. Bestwert in dieser „Matchbox-Klasse.“
Nach der zweiten Twingo-Auflage im Jahr 2007, die eher als pragmatisches Zweckmobil für die Stadt oder für die Zweitnutzung in Erscheinung trat, haben die Franzosen nun noch einmal jenen fröhlichen Herzensbrecher reaktiviert, der vor allem bei Damen hoch im Kurs stand. Und auch immer noch steht, hoffen seine Gründerväter. Der Neue kommt nicht nur mit Heckmotor, erstmals fünf Türen und einem Heck mit Glastür und Lüftungsschlitzen, das an den „Raketenwagen“ R5 Turbo erinnert. Seine Erscheinung ist eine (teils historische) Melange aus Renault 5, Fiat 500, Abarth und ähnlichen, meist rundlichen Derivaten aus der Kleinstwagenklasse. Auf jeden Fall ist es – auch dank seiner Farbenvielfalt und seiner Individualisierungs-Vielfalt ein Fahrzeug mit einem eigenständigen Gesicht und Charakter. Eines, für das man auch gegen Aufpreis auch das bekannte Panorama-Glasdach bekommt.
Der Hersteller hat mittels eines kleinen Tricks auch dem Innenraum des Twingo noch einmal etwas Stauraum abgerungen. So ist die Neigung der Rücklehne verstellbar, wozu man einfach die zwei Halte-Bügel umwirft. So vergrößert sich das Volumen des winzigen Kofferraums von 188 auf 219 Liter. Wenn man die Rücklehnen komplett umlegt, kommt man gar auf 980 Liter.
Die Preisliste für den neuen Renault Twingo beginnt bei 9590 Euro für das Basismodell. In den drei Ausstattungsversionen Expression, Dynamique und Luxe sind viele weiterführende Gestaltungsmöglichkeiten, vor allem in Sachen Vernetzung mittels Smartphone-Apps enthalten.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun