Peugeot hat im Jahr 2013 mit außergewöhnlichen Neuerscheinungen und Nischenprodukten auf sich aufmerksam gemacht. Die größte Bedeutung für die Marke aber kommt einem Fahrzeug zu, mit dem der Frankreich-Importeur auf Europas Autothron ganz oben angreifen will: dem neuen 308. Wir fuhren das französische Golfklasse-Modell mit einem 1,6 Liter großen und 115 PS starken Dieselmotor.
Das Auffallendste am neuen Kompaktklasse-„Löwen“ ist, dass man nichts sieht. Oder auch alles. Je nachdem wie man die Sichtweise betrachtet, hat man erst einmal auf dem Fahrersitz Platz genommen. Denn der tiefer gelegte, abgeflachte Lenkradkranz, ist zunächst einmal visuell etwas ins Abseits geraten. Dafür hat der Fahrer nun den „völligen Durchblick“. Angefangen vom unteren Rand der Windschutzscheibe – oder vom oberen Rand des Armaturenbereiches. Auch dies ist eine Form der Betrachtungsweise.
Man kann zu dieser besonderen Art und Weise des Aufräumens im unmittelbaren Blickfeld des Fahrers stehen, wie man will, aber: irgendjemand musste einmal auf diese Idee kommen. Und sie ist nicht die Schlechteste, wie wir meinen. Hat man die Höhe der Lenkradsäule erst einmal auf die persönlichen Bedürfnisse eingestellt, das haptisch äußerst gelungene Lenkrad fest im Griff, ohne es dauernd im Blickfeld zu haben, ergibt sich ein ganz neues Verhältnis zwischen Fahrer und Fahrzeug: Die völlige Konzentration auf das Wesentliche nämlich, das Visuelle. Das eigentliche „Arbeiten“, das Bedienen der Pedalerie, des Schaltknüppels und jetzt auch des Lenkrades wird zu einem gemeinsamen operativen Vorgang, der rasch in Fleisch und Blut übergeht, ohne dass es einer optischen Unterstützung bedurft hätte. Also: Freie Fahrt, ein Extra-Punkt dafür aus unserer Sicht.
Mit dem Aufräumen im Auto ist es damit aber nicht getan. Peugeot hat den Armaturenwust mit Knöpfen, Schaltern, Hebeln und Griffen „ad acta“ gelegt: Rund um den großen 9,7 Zoll großen Touch-Screen sind Symbole für Navigationssystem, Multimedia, Klima-Automatik, Telefon, Bordcomputer, Internet-Zugang, Apps und diverse Fahrzeugeinstellungen angebracht, die aus dem Rest der Armaturenfläche ein großes Ganzes ohne „Griffsalat“ machen. I-Cockpit nennt Peugeot das neue Design im „Arbeitszimmer“ des Fahrers.
Zugegeben: es dauert etwas, bis man sich mit all diesen Symbolen auseinander gesetzt hat. Ein paar „Trockenübungen“ vor dem Start des Fahrzeugs sind angebracht, aber wenn man sich mit diesen Tastfunktionen erst einmal angefreundet hat, trauert man keinem der überflüssigen Knöpfe oder Schalter aus früheren Zeiten hinterher. Denn schließlich hat man uns auch schon zu Kinderzeiten gesagt, wir sollten doch bitte schön mal unser Zimmer aufräumen.
Und was gibt es sonst noch, womit der 308 im Kampf gegen VW Golf, Opel Astra, Ford Focus, Hyundai i30 oder all die anderen Mitbewerber auf diesem engen „Schlachtfeld“ um die Gunst des Kunden punkten könnte? Nun, da ist der kaum wahrnehmbare und drehfreudige Diesel, serienmäßig ausgestattet mit dem Stop&Start-System e-Hdi. Mit 270 Newtonmetern bei 1.750 U/min und einer Höchstgeschwindigkeit von über 190 km/h machen auch lange Autobahnfahrten Spaß, zumal wir auch nur marginal über der vom Hersteller angegebenen Verbrauchsmenge lagen: 4,1 statt 3,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Ein wenig mehr Elastizität hätte dem Triebwerk wohl gut zu Gesicht gestanden, aber der für nächstes Jahr angekündigte 150-PS-Topdiesel muss ja seine Daseinsberechtigung auch noch nachweisen.
Dass der Franzose im Vergleich zum Vorgänger mächtig „abgespeckt“ hat, (um 140 Kilo auf 1,2 Tonnen Leergewicht) spürt man im Kurvenverhalten des agilen Fronttrieblers mit dem sehr viel ausgewogeneren Fahrwerk deutlich. Unebenheiten im Asphalt sind jedenfalls nicht der Feind des 308, der auf einer neuen modularen Plattform mit äußerst kompakten Dimensionen (4,25 Meter Länge) steht. Sehr üppige Dimensionen offeriert stattdessen der Laderaum, der von 470 auf 130 Liter „aufblasbar“ ist. Was mit wenigen Handgriffen erledigt ist.
Die Preisliste für den neuen Peugeot 308 mit dem 115 PS starken e-HDI beginnt bei 20.750 Euro. Die Access-Variante beinhaltet eine Klimaanlage, ein Soundsystem, sechs Airbags, und einen Bordcomputer. Die Ausstattungsvarianten Active und Allure sind entsprechend umfangreicher ausgestattet. Das Navigationssystem ist beim Topmodell serienmäßig, in den übrigen Versionen kostet es 590 Euro extra.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun