Opels neuer „Ritt auf der Offensiv-Welle“ geht weiter. Nach dem kleinen
SUV und dem Lifestyle-Flitzer ADAM, die beide gute Absatzzahlen für die
Rüsselsheimer vermelden, hat das Traditions-Unternehmen nun seit diesem Sommer
auch wieder ein viersitziges Cabrio im Programm. Eines, so hat es den Anschein,
das ein richtig gelungener Wurf ist.
Der Cascada, so der äußere Eindruck, ist nach langer Zeit mal wieder in dieser Klasse ein Opel, mit dem man auch mal (zumindest ganz verstohlen) angeben kann. Sein Name klingt wie ein Wasserfall. Und ähnlich perlen sollen auch die Absatzzahlen: Cascada. Wir fuhren die Variante mit dem neu entwickelten 1.6 Liter Turbo-Motor und 170 PS.
Die erste Reaktion auf den viersitzigen Opel Cascada kam ungefähr eine Stunde, nachdem wir das Fahrzeug abgeholt haben. Der Parkplatz-Einweiser am Abend am Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern pfiff anerkennend durch die Zähne, als wir ausstiegen, ging inspizierend rund um das (bei leichtem spätem Sonnenschein „oben entblößte“) Fahrzeug herum und meinte dann in unverkennbarem Pfälzer Dialekt: „Unn so was baut de Oppel?“ – Ja guter Mann, „so was baut de Oppel!“
Mit seiner stolzen Länge von 4,70 Metern wirkt das elegante Stoffdach-Cabrio inmitten der vielen wendigen C+C-Flitzer mit Sportwagen-Charakter fast schon wie eine Diva auf Rädern. Der Anblick suggeriert jene Erwartungen, die der Käufer in diesem Segment hegt: klassische, möglichst zeitlose, dynamische Eleganz, gepaart mit einem Schuss Sportlichkeit. Eine wohl gelungene optische Melange aus langem Blechkleid, gekrönt und im wahrsten Sinne des Wortes „behütet“ von einem festen Textil-Abschluss, der das Cabrio auch zu einem Ganzjahres-Fahrzeug macht.
Kaum jemand erkennt auf den ersten Blick, dass dieses Fahrzeug auf der technischen Basis des Astra ruht, der ja nun eher ein „Allerwelts-Auto“ ist. Passend dazu im Übrigen auch die Preisgestaltung des Cascada. Opel, das einst die Mitte des Bürgertums mit bezahlbaren Fahrzeugen zu Hunderttausenden mobilisierte, hat sich deutlich von den Premium-Modellen Volkswagen Eos, Audi A5 oder auch 3er BMW distanziert. Da liegen, obwohl ähnlich ausgestattet und motorisiert, ein paar „chice Tausender“ dazwischen. Ohne dass man angesichts der Wertigkeit des Fahrzeugs von einer Kampfpreis-Attacke aus Rüsselsheim sprechen könnte
Der Cascada ist, wie die angeführten Beispiele deutscher Konkurrenz, ein Fahrzeug zum Cruisen. Zum offenen Dahin gleiten. Trotz seiner 170 PS, trotz seiner angegebenen Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h. Das Stoffverdeck ist gut gedämmt, Außengeräusche dringen auch beim flotten fahren nicht in den Innenraum, die Verwindungssteifigkeit verdient Anerkennung. Da knarzt, quietscht, oder verzieht sich nichts. In den Kofferraum passen 380 Liter passen bei geschlossenem Verdeck hinein, anderenfalls sind es deren 280. Ganz akzeptabel, denn viersitzige offene Fahrzeuge sind nun mal keine Lademeister. Und als solche auch nicht konzipiert. Allerdings ist der Blick des Fahrers hinten heraus bei geschlossenem Stoffdach recht eingeschränkt, das geht dann schon in Richtung Schießscharte. Fahren wirklich vier Personen mit, verdient der Fond den Namen geräumig. Ist das Dach jedoch offen, haben die hinteren Passagiere das Gefühl, auf einer Aussichtsplattform bei entsprechender Windstärke durch die Lande gefahren zu werden.
Fahrzeuge dieses Genres verkaufen sich „über den Bauch und nicht über den Kopf.“ Wenngleich Opel viele praktische Dinge (Stichwort Assistenzsysteme) in den Cascada hinein gepackt hat. Attribute, die man zusätzlich erwerben, mit denen man das Fahrzeug individualisieren und aufwerten kann. Ansonsten gilt: In punkto aktiver und passiver Sicherheitsausstattung ist das neue Opel-Cabrio auch in der Basis-Ausstattung top.
Auch mit dem 170-PS-Benziner rollt der Cascada sanft und wohltuend über sämtliche Unebenheiten des Straßengeläufes hinweg. Dennoch verrät er in Kurven Agilität im Fahrverhalten, ohne störende Karosserie-Bewegungen zu implizieren. SIDI nennt Opel seine neuen, turbo-aufgeladenen Benzin-Motoren, die die unverhohlene Kritik an den Triebwerken aus Rüsselsheim der Vergangenheit endgültig ad acta legen sollen. Eine solche Charakteristik steigert die Lust, mit geöffnetem Dach entspannt durch die Lande zu fahren.
Mit dem Cascada bietet Opel wieder ein viersitziges Cabrio an, das das Zeug zum – zwar wertkonservativen, aber nicht biederen – Fahrzeug in einem gehobenen Segment hat. Ohne an die üppige Preisgestaltung der Premium-Konkurrenz heran zu kommen. Der Einstieg in die Welt des Opel Cascada beginnt bei 25.945 Euro. Unser Testwagen mit dem 170 PS starken Zweiliter-Turbo-Motor ist ab 29.540, Euro.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun