Winterdienst kost Geld. Privatleute wie auch Firmen, Städte und Gemeinden. Kein Winterdienst aber kost noch mehr Geld. Vor allen Dingen unsere Kommunen, unsere Städte. Dann nämlich, weil sprichwörtlich nichts mehr geht, weil das urbane, und damit auch das wirtschaftliche Leben in Industriegebieten, in Fußgängerzonen, in Geschäftspassagen von einem Tag auf den anderen zusammen bricht. Diese (eigentlich gar nicht so neue) Erkenntnis vermittelte vor einer Journalistenrunde auf Einladung des Verbandes der Kali- und Salzindustrie einer, der es weiß: Dr. Ing. Horst Hanke, ein ausgewiesener Fachmann in Sachen „Überleben auf winterlichen Straßen“ Hanke ist Vorsitzender des deutschen Fachausschusses Winterdienst der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen.
Nicht nur in den Alpen oder im Erzgebirge, auch in den deutschen Mittelgebirgen hat der Winter in dieser Woche Einzug gehalten. Bis hinunter auf 300 Meter n. n. lag die weiße Pracht am Donnerstag morgen auf Straßen und Bürgersteigen und machte jedermann klar: Ende November ist halt eben Winter. Und da schneit es und wird glatt und friert. Punkt! Und für alle, die mit diesen Bedingungen (sei es zu Fuß oder motorisiert) in Einklang leben wollen und müssen, heißt das: etwas gegen die winterlichen Straßenverhältnisse tun. Oder besser noch: bereits etwas getan haben. Denn: Vorsorge treffen beginnt dann, wenn man eher noch an Badeseen denn an zugefrorene Fischweiher denkt.
Schon in den 1960er Jahren warb die deutsche Mineralöl-Industrie mit dem markanten Spruch: „Der nächste Winter kommt bestimmt“. Und damit hat sie bisher nicht ein einziges Mal Unrecht gehabt. Doch unsere Stadtkämmerer müssen in Zeiten knapper Kassen so manchen „Spagat“ machen, um den Säckel nicht zu sehr zu belasten und dennoch dafür zu sorgen, dass das wirtschaftliche Leben keinen Exodus erleidet. Der vergangene Winter (2012 / 2013) hat, zumindest was den Salzverbrauch in der Bundesrepublik angeht, so ziemlich alle Rekorde gebrochen, legte Hanke dar. Überhaupt: Drei der letzten vier Winter (mit Ausnahme von 2011 / 2012) waren extrem hart und machten teilweise einen Salzverbrauch erforderlich, der fast dreimal so hoch war wie in den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende: bis zu 4,5 Millionen Tonnen p. a.!
Viele Kommunen bedienen sich bei der Vorbereitung des Winterdienstes der Erfahrungen und Erkenntnisse aus Forschung und Praxis. „Im Allgemeinen sind deutsche Kommunen gut aufgestellt. Sie haben ihre Winterdienst-Organisation optimiert, schaffen neue Lagerkapazitäten, kaufen zum Teil sehr früh unter günstigen Konditionen ein und bilden sogar Interessengemeinschaften mit benachbarten Städten und Kreisen bei Lagerung und / oder Einkauf. Und das ist gut so.
Denn, so Hanke: „Bei drei Extremwintern in kurzer Folge kann nicht mehr von klimatischen Ausreißern gesprochen werden.“ Für die nächsten 30 Jahre habe das renommierte Potsdamer Institut für Klimaforschung eine „signifikante Zunahme der Schneemengen und der winterlichen Extrem-Ereignisse“ vorausgesagt. Darauf werde sich der Winterdienst in den kommenden Jahren einstellen müssen. Will heißen: Dank neuer klimatischer Vorhersage-Methoden und neuer Winterdienst-Techniken müssten Städte und Gemeinden ihren Anstrengungen in dieser Hinsicht noch weiter optimieren, „um den Aufwand und die Kosten in Grenzen zu halten.“
Etliche Betroffene haben darauf schon reagiert. 85 Prozent der deutschen Städte und Gemeinden, erläuterte Hanke, hätten ihre Lager-Kapazitäten deutlich erhöht. Vor allem im Wissen, dass ein funktionierender Winterdienst „eine unabdingbare Voraussetzung für die Stadt und deren Wirtschaftsleben“ sei. Große Probleme bereite in vielen Fällen nicht nur die Salzversorgung und Ausbringung, sondern auch die Bewältigung der großen Schneemengen. Immer häufiger traf es dabei auch Regionen, deren Körperschaften das bisher in dieser Form nicht gewöhnt waren.
Dies, so Hanke, habe sich „grundlegend geändert. Die Städte und Gemeinden haben ihre Räum- und Streupläne nun auf die Anforderungen eines Extrem-Winters abgestimmt. Dies gilt vor allem für kleinere Seiten- und Nebenstraßen. So hätten einige Kommunen schon für den Winterdienst 2013 / 2014 einen eigenen Schneeabfuhrplan erstellt, um die dann nicht mehr weiße, sondern schmutzige „Pracht“ meist mit angemieteten Fahrzeugen (Traktoren, Lkw, Radlader etc.) ab zu fahren.
Im Großen und Ganzen seien die deutschen Städte und Gemeinde aufgrund der Erfahrungswerte und aus der Erkenntnis heraus, dass ein funktionierender Winterdienst volkswirtschaftlich unabdingbar ist, gut aufgestellt. Denn auch die Entscheidungsträger in den Rathäusern wissen, was schon vor 50 Jahren galt: „Der nächste Winter kommt bestimmt.“
Text und Fotos: Jürgen C. Braun