Der Opel ADAM ist das chice Lifestyle-Fahrzeug aus dem Hause Opel. Jetzt hat er ein kleines Brüderchen bekommen. Eines, das mehr Wert auf die praktischen Grundtugenden eines Kleinwagens legt als auf Aussehen und Optik. Im JCB-Check der neue Opel Karl.
Schon als Volontär lernten wir vor Jahren und Jahrzehnten: „no nicks with names“ – Also keine unangebrachten Spielereien und verbale Verballhornungen mit Namen. Doch nicht nur mit der Namensgebung bei lebenden und handelnden Personen ist das so eine Sache. Auch Automobile sind manchmal von dieser bezeichnenden Ausnahmesituation betroffen. Vor allem dann, wenn ein Auto so heißt wie dieses: Karl. Einfach nur Karl. Ist das jetzt ein Karlchen, ein Karl der Große, oder was auch immer? Wir verkneifen uns die Antwort, sondern beurteilen nur das Produkt: Denn: „no nicks with names!“
Deshalb sei auch eingangs die Frage erlaubt: Da hat ein Hersteller einen Corsa, einen Adam, warum dann noch so einen Kleinstwagen? Einen auf Basis des Chevrolet Spark, der den Corsa- und Adam-Fahrern vieles vorenthält. Aber vielleicht ist das ja der Grund. Denn, das sagt schon der erste Blick ins Kühlergesicht. Das Kerlchen (nein, nicht das Karlchen) ist ein waschechter Opel. Und gleicht den erwähnten Markenbrüdern zumindest von der Optik her. Gebaut in Südkorea, zu haben nur mit einem 1.0 Liter großen und 75 PS starken Dreizylinder Benziner. Dazu mit 9.500 Euro ein Einstiegspreis unterhalb von 10.000 Euro. Die Zielgruppe ist also definiert: Menschen, die ein Auto kaufen um des Fahren willens. So viel Auto fahren wie nötig, so wenig darüber hinaus wie möglich. Aber auch das geht, wie unsere Ausstattungsvariante „Innovation“ zeigt.
Mit seinem Radstand von 2,38 Metern und einer Außenlänge von 3,68 Metern ist der Karl das, was man gemeinhin einen „Stadtfloh“ nennt. Auf den ersten Blick registriert man kurze Überhänge und wenig Raum hinter den Fondlehnen. Doch der Kleinst-Opel hat deutliche innere Werte. Auf den vorderen Sitzen hat man genügend Auflagefläche für die Beine, hinten dürften sogar zwei Erwachsene ohne zu jammern Platz haben. Und da der Karl ein Viertürer ist, muss man auch zum Einsteigen keine Verrenkungen machen.
Kommen wir zum Fahrverhalten: Klar, als Dreizylinder, der weder Direkteinspritzung noch Ausgleichswelle sein eigen nennt, ist das Antriebsaggregat eines aus der Kategorie „hart aber herzlich“. Allerdings: Wenn er erst mal gewisse Drehzahlhöhen erklommen hat, was dank seines guten Ansprechverhaltens am Gaspedal kein Problem ist, dann ist man mit dem Winzling auch kommod unterwegs. Nicht nur in der Stadt. Auf die Vorderräder geleitet wird die Kraft über eine manuelle Fünfgangschaltung, die das makellos erledigt.
Der Kleine ist in vielerlei Hinsicht neutral ausgelegt: In seinem Einlenkverhalten, in der Fahrwerkskonfiguration und der Federung. An der Dämmung hätte Opel nicht unbedingt so viel sparen müssen, wie das offenbar der Fall ist.
Im Minimalistenwettstreit mit der baugleichen Konkurrenz von VW Up!, Seat Mii, Skoda Citigo, Hyundai i10 und ähnlichen macht der Karl, dessen Dress sehr dem des Agila ähnelt, eine ansprechend gute Figur. Er ist, wie die eben Erwähnten (und vielleicht noch ein paar andere) ein echtes Bedarfsfahrzeug. Eines, das die täglichen kleinen Transportsituationen in der Stadt mühelos meistert, wenn das alles im Einkaufstütenbereich bleibt.
Der Karl ist kein Lifestylefahrzeug das mit modischem Schnickschnack künstlich verteuert wurde. Aber er kann mit einer ganzen Latte an Möglichkeiten sinnvoll aufgerüstet werden. Unter anderem mit dem Intellilink-Infotainment-System, mit dem iOS- und Android-Geräte mit dem Fahrzeug verbunden werden können. So wie unser Testwagen „Innovation“.
Dann ist er erst recht ein Karl und kein Karlchen.
Technische Daten Opel Karl 1.0 „Innovation“
Ausführung: viersitziger Kleinstwagen
Länge/Breite/Höhe: 3,68/1,70/1,48 Meter
Leergewicht: 939 kg
Antrieb: Frontantrieb
Kofferraumvolumen: 206 bis 1.013 Liter
Motor: Dreizylinder-Benziner
Leistung: 75 PS
Hubraum: 999 ccm
Drehmoment: 95 Nm bei 4.500 min-1
Getriebe: Fünfgang, manuell
Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
Verbrauch: (eigene/Herstellerangaben ) 5,0/4,5 Liter Benzin auf 100 km
Abgasnorm: Euro 6
Preis : 13.155 Euro
Text und Fotos: Jürgen C. Braun