Maserati Grancabrio: Leuchte, Dreizack im Sonnenschein

 

Knappe zwei Jahre noch, dann darf eine der weltweit mondänsten und exklusivsten Automobil-Manufakturen ihren 100. Geburtstag feiern.  Am 1. Dezember des Jahres 1914 gründete ein gewisser Alfieri Maserati als einer von sieben Brüdern der Maserati-Familie die „Società Anonima Officine Alfieri Maserati“. Alleine der Name des Unternehmens klingt schon so, als sei er dem Libretto einer grandiosen Verdi-Schöpfung unternommen. Maserati, mit der Betonung auf dem weichen, gutturalen, lang gezogenen „A“ der dritten Silbe: das mutet an wie der furiose Auftakt einer wunderbaren  Koloratur des wilden Spieles der Ventile.

Alfieris Bruder Mario, mehr Künstler als Techniker oder Rennfahrer, schuf das weltberühmte Symbol der Autos aus Bologna, den Dreizack. Der „Tridente di Bologna“ trug fortan die Botschaft der sportlichen Erfolge des Hauses Maserati in alle Welt.  Mittlerweile sind die beiden Edel-Marken Ferrari und Maserati unter dem Dach eines gemeinsamen Konzerns vereint obwohl sich die Erzeugnisse beider Häuser auf harmonische Art und Weise ergänzen. Während die handverlesenen Produkte der Scuderia auf kompromisslose, ehrliche  Sportlichkeit setzen, wurde Maserati fast zwangsläufig zum dezenten Luxus-Erzeugnis. Wer Maserati fährt, der zeigt damit, dass er nicht nur Geld, sondern auch Geschmack, geschäftlichen Erfolg und ein feines Gespür für Extravaganzen hat.

Ungeteilte Aufmerksamkeit erfuhr uns dergestalt auch, als wir in der Region mit dem neuen Maserati Grancabrio unterwegs waren. Da nicken die Herren der Schöpfung anerkennend und – natürlich – mit Kennermiene mit dem Kopf. Der Nachwuchs, gleich ob weiblicher oder männlicher Natur, macht große Augen und greift zum Foto-Handy. Und selbst ältere Damen riskieren mal einen Blick. Ein solches Auto ist eben wie ein schönes Kleid, wie die neueste Kreation aus den Häusern Armani oder Gucci. Für die Einkleidung des fast fünf Meter langen Maserati Grancabrio sorgte in diesem Falle in bewährter Manier das Hause Pininfarina. Subtile Eleganz verbrüdert sich mit dem  mächtigen weit aufgerissenen Maul und dem Dreizack des Meeresgottes Neptun.

Das Maserati Grancabrio ist in jeder Hinsicht großzügig. Dimensional ein echter Viersitzer, sieht man einmal vom Kofferraum mit Handschuhfach-Größe ab.  Da das riesige Verdeck, in klassischer Manier aus erlesenem Tuch gefertigt, nun einmal viel Platz beansprucht, muss der reisende Automobil-Gourmet eben etwas von seinem Raum abgeben.  Kleine Entschädigung: Das Dach ist dick gepolstert und zudem mit einem luxuriösen Innenhimmel versehen.

Laden die äußeren Bedingungen einmal nicht zum offen fahren ein, dann wird aus dem Italo-Beau eine Limousine mit Coupé-Charakter. Der rollende Salon durch die Verwendung und tadellose Verarbeitung edelster Materialien. Da blitzt und blinkt es nur so von Chrom, feinstem Leder. Zudem lädt exotisches Carpalho-Holz zum Verweilen ein. Der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten sind im Interieur so gut wie keine Grenzen gesetzt. Dass also einmal zwei identische Fahrzeuge das Werk in Modena hinter sich lassen, ist recht unwahrscheinlich.

Der mächtige, 450 PS starke Achtzylinder, wird nach guter alter Manier noch durch das Drehen eines Zündschlüssels, und nicht durch das Bedienen eines Startknopfes, frei gelassen.  „Bella macchina“ macht sich alsbald mit infernalischem Gebrüll bemerkbar, das sich in seiner animalischen Wildheit  mit dem dezenten Auftreten der Verpackung paart.

Zwar ist der mächtige V8 eine Ferrari-Konstruktion, in einem wesentlichen Punkt unterscheidet er  sich jedoch vom „cavalhino rampante“, dem „aufsteigenden Pferd“ aus Maranello: Während Ferrari eine flache Rennmotoren-Kurbelwelle verwendet,  vertraut  Maserati der etwas zivileren 90-Grad-Welle. Der  4,7 Liter V8-Sauger kommt ganz ohne Turbolader aus. Die scheinbar zügellose Kraft resultiert  in Hülle und Fülle aus der Drehzahl.

Dennoch fehlt es auch im unteren Drehzahlbereich nicht am notwendigen Vortrieb  Schon bei 2000 U /min setzt der Schub ein und gleitet ohne Kraftschluss-Verlust bis in Höhen von mehr als 7000 Umdrehungen. Die packende Begleitmusik dazu in Form eines wilden Stakkato aus dumpfem Brummen und ekstatischem Schreien  liefern die doppelten Auspuff-Röhren:

Ungeachtet der sportlichen Gene des Fahrzeugs ist die geschmeidig arbeitende Kraftübertragung der von ZF gefertigten Getriebe- Automatik kein Anachronismus. Wer es mag, kann auch mit den (optionalen) Schaltwippen am Lenkrad ein bisschen seine bislang verborgen gebliebenen „Schumi-Qualitäten“ ausspielen. Doch im Normalfall genügt es, der Automatik den ungezügelten Vorwärtsdrang zu überlassen. Anderenfalls verrät eine wohl dosierte, aber dennoch unüberhörbare Zwischengas-Eruption  den wahren Kenner am Volant. Soll sie zumindest. Wem das nicht genügt: Bitteschön, eine kleine „Sport“-Taste lässt den Motor noch giftiger und aggressiver ansprechen.

Selbiges verträgt sich zwar nicht mit den Gesetzen von Ökonomie und Ökologie, beugt aber nachweislich der latenten Gefahr eventueller Minderwertigkeits-Komplexe des Fahrers vor. Im Übrigen betrug unser Verbrauch während der Testphase genau… – Ach, lassen wir das doch einfach.

Um der Chronistenpflicht  Genüge zu tun: Der Preis unseres Testfahrzeuges lag so um die 160.000 Euro herum (Um genau zu sein: Ach, was scheren uns die Marginalien) Und in zwei Jahren, zum Hundertsten, gibt es sowieso eine Jubiläums-Ausgabe.

Was wir zwar hoffen, so ganz genau allerdings auch nicht wissen….

 

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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