Wer heutzutage von Jeep spricht, der hat im Hinterkopf möglicherweise immer noch ein Auto, das einmal als Urahne dieser Gattung von Fahrzeugen galt. Ein Auto, das in den Wirren des zweiten Weltkrieges der US Army zu weltweiter Mobilität verhalf und im Laufe seines Lebens weit über 300.000 Mal gebaut wurde. Jeep: Ein Name, den Kenner mit dem Zusatz Willys MB verbinden, der so etwas wie der Urvater für alle folgenden Jeeps war. Oder mit dem Namens-Zusatz Wrangler. Ein „richtiger“ Jeep eben.
Doch Jeep ist heute, gute 70 Jahre nach dem D-Day in der Normandie, längst keine verklärte Leinwand-Romantik mit Chewing Gum kauenden Besetzern aus der Truppe von Onkel „Ike“ Eisenhower mehr. Jeep heute, das ist eine Marke, die auch Luxus-Fahrzeuge für Straße und Gelände gleichermaßen bauen kann. Und die dies auch tut. Bestes Beispiel für den Bestand dieser These ist die 2014er Ausgabe des Flaggschiffs, des Jeep „Grand Cherokee“. Denn mit dem umfangreichen Facelift des seit 1992 gebauten Grand Cherokee hat Jeep nur ein Ziel im Auge. Ganz nach oben soll der Weg in diesem Segment führen. Dabei hatte das Haus die vierte Generation des luxuriösen Reisemobils für Asphalt sowie Stock und Stein in Europa erst vor zwei Jahren gegen die Konkurrenz ins Rennen geschickt.
Chrysler Jeep aber hatte sich schon damals selbst unter Druck gesetzt. Mit der angekündigten Nachrüstung eines neuen Achtgang-Automatikgetriebes und dem Versprechen, eine Selbstzünder-Variante nach zu liefern. In den USA ist der Diesel kürzlich eingeführt worden, jetzt präsentiert der Hersteller auch voller Stolz seinen neuen Automaten mit acht Stufen. Das nahm der Hersteller zum Anlass, gleich noch ein paar technische Leckerbissen hinter her zu schieben und etwas an der Optik des mächtigen Dickschiffs zu feilen.
Bisher hatte Chrysler, basierend auf der Verbindung mit den Stuttgartern, eine Fünfstufen-Automatik von Mercedes für den Jeep Grand Cherokee verwandt. Das Nachfolge-Modell stammt vom Spezialisten ZF. Diese Achtgang-Automatik überträgt nun die Kraft aus jedem Modell, ungeachtet der Motorisierung oder Ausstattung. Die dadurch erreichte Variabilität bei der Gang-Spreizung erlaubt einen extrem kurzen ersten Gang. Das wiederum bedeutet verbesserte Klettereigenschaften ebenso wie eine Endfahrstufe für eine reduzierte Drehzahl, die besonders lang übersetzt ist.
Chrysler hat aber auch am Auftritt des markanten Grand Cherokee gefeilt. Dazu gehören die serienmäßigen, neuen Bi-Xenon-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht. Die neue Beleuchtung beginnt bereits bei der Eingangs-Variante „Laredo“. Auch an den diversen Schürzen und Grills wurde zum Wohle des Auftritts nachgebessert. Insgesamt wirken die Proportionen jetzt etwas stimmiger und nicht mehr ganz so martialisch.
Auch das Interieur des Jeep Grand Cherokee wurde aufgewertet. Ein neuer, großer und bedienungsfreundlicher Touch Screen ist die virtuelle Kommandozentrale des Fahrzeugs mit seinem zentralen TFT-Farbdisplay, konfigurierbaren und kombinierbaren Anzeigen sowie von analogen Zeigerinstrumenten für Drehzahl, Temperatur und Tankinhalt. Mag auf den ersten Blick etwas verwirrend und anstrengend wirken, ist aber mit einprägsamer Menüführung ausgestattet und wirkt nicht gerade „wie das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit „Toys ‘re us.“ Der Zeigefinger jedenfalls irrt nicht gerade in der Puppenkiste herum.
Dass der Jeep Grand Cherokee aber nach wie vor auch ein luxuriöses Automobil ist, das seinen Wurzeln und seiner Herkunft gerecht wird, verdeutlichen Ausstattungsdetails wie drei Vierrad-Antriebssysteme, eine Luftfederung namens „Quadra-Lift“ sowie zwei verschiedene Traktionsregelungen (Selec-Terrain und Selec-Trac“. Das Fahrzeug ist also weit mehr als nur ein fahrender Salon-Löwe mit Placebo-4X4-Optik. Viele Bedienfunktionen wurden auch aus der Mittelkonsole in das Multifunktions-Lenkrad übernommen. Viele Annehmlichkeiten, wie etwa ein kühl- und belüftbarer Fahrersitz, führend jetzt zur Steigerung des Wohlbefindens der Passagiere. Man hat derlei in den Vorgängermodellen nicht unbedingt vermisst, doch wer in diesem Segment ganz nach oben will, der muss den „Luxus-SUV a la Carte“ eben auch mit diesem Gimmicks ausrüsten. Aus dem früheren Bedienhebel des Automatikgetriebes, den der Fahrer noch nachvollziehbar durch eine Schaltkulisse führen durfte, ist in der neuen Generation Jeep Grand Cherokee ein handliches, kräftiges Designer-Teil geworden. Puristen mögen sich auf den ersten Blick erschrecken, der Funktion indes kommt es zugute.
In den Modellversionen Laredo, Limited, Overland, (wohl als Hommage an Willys gedacht), Summit und SRT ist der neue Jeep Grand Cherokee mit zwei Dreiliter-V6-Dieselaggregaten (190 und 250 PS), sowie drei Benzin-Triebwerken erhältlich. Der Eingangs-Benziner generiert aus einem Sechszylinder mit 3,6 Litern Hubraum 286. PS. Zudem stehen noch zwei Achtzylinder-Triebwerke mit wahlweise 5,7 oder 6,4 Liter Hubraum zur Verfügung, die 352 oder 468 PS auf die Kurbelwelle stemmen. Die Preisliste bewegt sich zwischen 45.500 und 76.900 Euro, was im Vergleich zu Wettbewerbern ähnlicher Kategorie mit großem Namen immer noch recht moderat erscheint. Mit der europäischen Konkurrenz kann der neue Jeep Grand Cherokee, egal in welcher Ausstattungsstufe, ohne Bedenken ein Duell auf Augenhöhe aufnehmen. Auch dann, wenn man statt eines rollenden Konzert- oder Infotainments-Salons mit Wohnzimmer-Atmosphäre eigentlich „nur einen Jeep“ haben wollte.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun