Stechender Skorpion und tänzelndes Pferd: Der Ferrari-Abarth

210!“ – „Wieviel?“ – „210!“ – „Mit DEM Auto?“ – „Mit DEM Auto!“ Als Ina nach unserer gemeinsamen Fotosession,  wieder zu Hause angekommen,  zum Besten gab, mit wieviel Tempo sie denn diesen chicen kleinen roten Flitzer über die Autobahn gescheucht hatte, herrschte erst einmal ungläubiges Staunen. Aber die Auto-begeisterte junge Dame machte schnell klar, dass sie da keinen „faulen Zauber“, sondern nichts als die reine Wahrheit erzählte. Die Wahrheit über unseren gemeinsamen Ausflug mit dem Abarth 695 Tributo Ferrari.

Lange Jahre galt Abarth nur als Tuning-Ableger von Fiat. Doch die Fahrzeuge des gebürtigen Österreichers Carlo Abarth, dessen Sternzeichen, der Skorpion,  zum Label seiner Produkte wurden versprühten schon immer besonderen Erfinder- und Pioniergeist in bezahlbarem Motorsport. Seit etwas mehr als zehn Jahren ist Abarth eine eigene Marke unter dem Dach der italienischen Mutter.

Das „Cavallino rampante“,  das „steigende Pferd“ ist nicht nur edlen Schöpfungen  aus Maranello vorbehalten. Auf diesem kleinen, unscheinbaren roten Tupfer von Auto mag es auf den ersten Blick etwas großspurig wirken. Doch: abwarten.  Denn vor dem fahren kommt das Anlassen. Wobei sich die vierflutige Auspuffanlage „Record Monza“, eine Abarth-eigene Schöpfung, mit mächtigem Getöse bemerkbar macht. Der aufgeblasene Vierzylinder mit knapp 1,4 Liter Hubraum befreit sich lautstark monströs von der Zwangsbeatmung.

Was ist so ungewöhnlich an einem Fahrzeug mit einem „hundsgewöhnlichen“ Vierzylinder-Reihenmotor, dass es außer einem giftigen Scherentier im Wappen, einem auffallenden Äußeren mit Ferrari-Dekor und einem voluminösen Dreiklang in der Stimme Augen und Ohren so auf sich zieht? Welcher Art sind die technischen Modifikationen, die aus einem Fiat 500 eine Westentasche-Rakete gemacht haben?

Entstanden ist dabei ein Auto,  das,  einer herausgeputzten  Roller-Kabine gleich, auch  bei extremer Querbeschleunigung wie mit einer klebrigen Masse stabilisiert, scheinbar auf Schienen fährt. Ein gefühlter Zweit- oder Drittwagen für die Familie, der bei Tempo 225 in keiner Phase das Gefühl eines fahrenden Sicherheitsrisikos vermittelt. Und der dabei – serienmäßig und nicht optional –  die Mundwinkel der Insassen unweigerlich nach oben zieht.

Als Beispiel seien die Körperbetonten Carbonsitze genannt. Sie alleine bringen zehn Kilo Gewichtsersparnis. Im Gegenzug wurde  die Leistung des 1,4-Liter Triebwerks auf 180 PS gesteigert. An den  Vorderrädern des Fronttrieblers zerren  230. Das Gesamtpaket führt dazu, dass der Tributo Ferrari in nicht einmal sieben Sekunden, akustisch einem Mix aus Hornissenschwarm und V2-Rakete gleich, aus den 205er „Schlappen“ sprintet. Die spezielle Dual-Mode-Auslegung der Abgasanlage beschert dem Mini-Racer ab 3000 U/min noch einmal ein Plus an Sound.

Das automatisierte, sequentielle Fünfgang-Getriebe lässt sich über Wippen am Lenkrad schalten. Da kleinhubige Turbo-Motoren Bauartbedingt über das Drehmoment kommen, ist dabei eine Art „wohltemperiertes Klavier“ angesagt. Über einen Sportknopf in der Mittelkonsole kann das ultraharte, tiefer gelegte Koni-Fahrwerk noch einmal in Richtung Bretter-Verschalung dirigiert werden. Eindeutig nichts für Menschen mit Bandscheibenschaden. Und ein nervöser Magen gereicht dem Genuss des Atem-beraubenden Vortriebs auch nicht gerade zur maximalen Entfaltung. Vierkolben-Bremssättel und innenbelüftete, hinten gelochte, Brembo-Scheiben sorgen dafür, dass sich der kaum übersteuernde Abarth konsequent einfangen lässt.

Wenn irgendwann die Mundwinkel wirklich an den Ohrläppchen kleben bleiben sollten, ist das sicherlich (auch) dem Zustand zu zu schreiben, dass man  auf der Autobahn jenseits Tempo  200 die Fraktion der Premium-Fahrzeuge aus Süddeutschland höflich aber nachhaltig auffordert, die linke Spur doch bitte mit der rechten zu tauschen. Wer jetzt eventuell Spaß an diesem italienischen Giftzwerg bekommen hat, den müssen wir leider enttäuschen: Die Edition ist ausverkauft.

Technische Daten Abarth 695 Tributo Ferrari

 

Ausführung: viersitziger Kleinstwagen

L / B / H:  3,66 /1.63 / 1.49 Meter

Motor : 4 Zylinder 16V, Turbo

Hubraum: 1368 ccm

Leistung : 180 PS bei 5700 U/min

max. Drehmoment : 230 Nm bei 3300 U/min

Antrieb : Front

Kraftübertragung:: automatisiertes, sequentielles Fünfgang-Getriebe

Leergewicht : 1246 kg

Leistungsgewicht: 6.9 kg/PS

Höchstgeschwindigkeit: 226 km/h