
Ober- und Mittelklasse hat der südkoreanische Autobauer KIA bei den BEV, den batterie-elektrischen Fahrzeugen, bereits besetzt. Wobei man dort nicht nur sehr gute Kritiken „abgestaubt“, sondern der Konkurrenz in diesen Segmenten ordentlich Beine gemacht hat. Im Herbst vergangenen Jahres folgte nach EV9 und EV6 mit dem EV3 der Einstieg in die batterie-elektrische Kompaktklasse. Also in das am härtesten umkämpfte Feld der alternativen Antriebe. Wir nahmen uns für unseren Fahrbericht den frontgetriebenen EV3 mit einer 81,4 kWh Batterie in der Ausstattung GT-Line vor.

Die Konkurrenz unterhalb des Erfolgsmodells EV6 ist nicht gerade von schlechten Eltern: Volvo EX30, VW ID.3, dessen sportlicher Ableger CUPRA Born, Opel Mokka-E. Um nur einige zu nennen. Und zu den bereits bekannten „Traditionsmarken“ mit konventionellen Verbrenner-Motoren gesellen sich auch noch fernöstliche Spielverderber wie etwa der BYD Dolphin. Aber die Koreaner gehen optisch wie technisch bestens präpariert in das Duell des elektrischen Haifischbeckens.

Der Kubus-artig erscheinende Körper des 4,31 Meter langen EV3 erinnert sehr stark an den sehr viel gewaltigeren, aber ähnlich proportionierten EV9. Frei nach der Science-Fiction-Komödie: „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft.“ Der EV3 zeigt die typische neue Kia Designsprache mit dem neuen Logo und einer komplett geschlossenen Wagenfarbe an der Front. Darunter viele optische Elemente, die als Trenner fungieren und ein glänzend schwarzer Abschluss mit der zentralen Lufteinheit und den Sensoren. Neu ist auch die Scheinwerfer-Signatur von Kia, die in der Basisausstattung bereits in LED ausgeführt ist. In der GT-Line haben wir 12 Einzelelemente, die optisch brillieren.

17-Zoll Alu-Räder weist die Grundausstattung auf, auf unseren 19-Zöllern macht der EV3 jedoch einen viel gediegeneren Eindruck. Gefallen hat uns auch die vom EV9 inspirierte Radhausbeplankung, glänzende schwarze Elemente an den Fensterrahmen, am Rückspiegel, und als optischer Trenner an den Türen. Die Radhäuser sind weit ausgestellt und sorgen so noch einmal für Dynamik. Das gilt auch für den Dachkantenspoiler und die weit oben beginnende Rückleuchten-Signatur im Kia-Design.

Im Innenraum findet man viele Recycling-Oberflächen mit Softtouch nicht nur im Armaturenbereich und weichen Materialien im Fond. Komplett in Kunststoff ist die Mittelkonsole ausgeführt, das zweifarbige Lenkrad mit einem weichen Lenkradkranz wirkt angenehm und attraktiv. Das gesamte Interieur macht mit Sitzheizung und Sitzlüftung einen sehr stimmigen Eindruck.

Zur Basisausstattung gehören 2-Zonen-Klimaautomatik, Multifunktionslenkrad, ein großes Panorama-Display, Apple Carplay und Android Auto sowie digitales Autoradio. Head-Up-Display, elektrisch verstellbare Sitze, induktive Ladeschale, Panorama-Glasdach oder eine Hamann Karton Audio-Anlage sind auf Wunsch bestellbar. Das Display besteht aus drei unterschiedlichen Bereichen: 12,3 Zoll für das Cockpit, 5,3 für die Bedienung, und 12,3 nochmal für das Infotainment.

Unser Testfahrzeug wird angetrieben von einem 204 PS starken, an der Vorderachse angebrachten, Elektromotor mit bis zu 283 Nm Drehmoment. Kia gibt die Höchstgeschwindigkeit mit 170 km/h, den Verbrauch mit 16,2 kWh auf 100 Kilometern an. Das soll mit unserer größeren Batterie, für eine Reichweite von bis zu 605 Kilometern reichen. Eine Allradversion hat Kia für den EV3 angekündigt.

Schon in der Basis bietet der EV3 eine Menge an Sicherheits-Systemen wie etwa Spurhalte-Assistent, Notbremssystem, adaptiver Tempomat, Verkehrszeichenerkennung, Rückfahrkamera. Bei unseren Testfahrten in der Region haben diese „Assis“ einen guten Job erledigt. Ihre primäre Aufgabe ist es, zu unterstützen, ohne unnötig ein zu greifen. Das haben sie getan. Wenn einen Dinge, wie die sehr scharf eingestellte Tempolimit-Warnung stören, kann man diese auch deaktivieren.

Dinge wie Restreichweite und Akkustand werden angezeigt. Geladen wird mit Wechselstrom an der Haushaltssteckdose in der Wallbox oder einer öffentlichen Ladesäule mit maximal 10,5 kW Ladeleistung. Das dauert von 10 auf 100 Prozent etwas mehr als sieben Stunden. Am Schnellader geht es ohne 800 Volttechnik mit einer maximalen Ladeleistung von nur 128 kW. Kia gibt am Schnellader dennoch 31 Minuten Ladezeit von 10 auf 100 Prozent an.

Unsere subjektiven Eindrücke: Der Testwagen zieht auch im normalen Modus mit seinen 204 PS richtig gut von unten raus, hat keine Aussetzer, da macht das wieseln auf den ländlichen Straßen hier bei uns richtig Laune. Am Lenkrad kann man aber auch über eine Taste den Modus umschalten. Im Sportmodus macht der EV3 dieser Einstellung dann auch richtig Ehre und legt noch eine ordentliche Schippe drauf, ohne dabei im Kurvengeschlängel unstabil zu wirken. Man kann aber auch zwischen Snow- und Eco-modus hin und herschalten. Die Abstimmung des Fahrwerks empfanden wir als eine gute Mischung sowohl für dynamisches wie auch entspanntes fahren. Und unter der Motorhaube gibt es noch einen Frunk, einen zusätzlichen kleinen Kofferraum mit 25 Litern Inhalt.

Der Kia EV3 ist, wie alle vergleichbaren batterie-elektrischen Konkurrenten, kein Schnäppchen. Es geht los bei 35.990 Euro für die Basisausstattung mit der kleineren 58 kWh Batterie. Mit mehr Reichweite und dementsprechend dem größeren 81,4 Akku geht es bei 41.000 Euro los. Die GT-Line mit dem größeren Euro, die wir als Testauto hatten, kostet dann mindestens knapp 49.000 Euro.
Text: Charlys Autos / Fotos: Matthias Elwert, Dennis Weber