Grüne Hölle und doch Paradies des historischen Motorsports

Welch ein Sommer für Liebhaber des historischen Motorsports in der Region! Gleich vier Veranstaltungen, die den Rahmen des Gewöhnlichen sprengen, locken seit vergangenem  Wochenende bis in den Herbst hinein die Anhänger der zwar „betagten“, aber dennoch rennbereiten und rennfähigen zwei- und vierrädrigen Zeitzeugen eines ganzen Jahrhunderts auf die Strecken

Den Auftakt machten vom Freitag bis Sonntag die von vielen Tausend Besuchern bewunderten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Nürburgring Classic. Mit dem BELMOT Oldtimer-Grandprix, dem 1000-Kilometer-Rennen und dem Geheimtipp für die Zweirad-Freaks, dem Kölner Kurs“, folgen drei weitere Hochkaräter, die sprichwörtlich Geschichte schreiben.

Was gab es nicht alles zu bewundern: Im alten Fahrerlager flirtete „Litte Bastard“ mit dem Barockengel.  Oder, um es etwas verständlicher zu formulieren, da stand ein Porsche 550 Spyder neben einem BMW 502 aus den 1950er Jahren.  Auf der Nordschleife gaben sich die Veteranen,  „Prewars“ oder Vorkriegsfahrzeuge, ein einmaliges Stelldichein. Rennautos von unschätzbarem Wert, die zum Teil neunzig Jahre und mehr auf den Reifen haben, bekommt man sonst nirgendwo zu Gesicht.

Kein Wunder, dass sich die Classic als einzig legale Nachfolger des Eröffnungsrennens der legendären Rennstrecke vom 19. Juni 1927 sehen. Und auf der Grandprix-Strecke reihte sich ein Training, ein Qualifying, ein Rennen ans Andere. Tourenwagen, Monoposti, GT-Fahrzeuge, Youngtimer, bullige Can-Am’s. Alles was das Motorsport-Herz begeht.

Wer sich am Freitag oder Samstag einmal das Vergnügen, nicht die Mühe, machte, und eine oder zwei Stunden durch das weiträumige Fahrerlager spazierte, mit den Leuten vom Ford Capri-Club, von den Opel GT-E-Freunden der 1970er Jahre, dem Porsche 356-Club Deutschland oder ungenannten anderen organisierten Frauen und Männer, die ihr Herz an den betagten Motorsport früherer Jahrzehnte verloren haben,  ins Gespräch kam, der verstand oder ahnte zumindest etwas vom Spirit. 

Wer staunend zusah, wie sich Frauen und Männer vom Auszubildenden bis zum Rentner im Kreise von Gleichgesinnten an ihren Fahrzeugen zu schaffen machten, sich gegenseitig aushalfen, Tipps gaben, Werkzeug ausliehen, für drei Tage ein mobiles Familienleben im Nürburgring Fahrerlager zelebrierten, der hatte auch den Sinn dieses Histo-Spektakels kapiert: Hinkommen, flanieren, zusehen, staunen, bewundern, aber auch mitmachen, ein Teil des Ganzen sein.

Der klassische und historische Motorsport lebt nicht nur von den Formel-1-Fahrzeugen der 1960er Jahre. Nicht nur vom seltenen Porsche 911 Carrera RSR 2.8 mit Sechszylinder Boxermotor der frühen 1970er Jahre.  Er trägt auch völlig zu Recht seine Gene weiter in liebevoll restaurierten und optimierten Klein- und Kleinstwagen bis 1300 ccm. Etwa a la Fiat Topolino, NSU TT Trophy, british car trophy oder Abarth Coppa Mille.

Dass am Sonntag, dem dritten Classic-Tag nach einem nächtlichen Temperatursturz und dichter Nebelsuppe über der Eifel das Programm etwas durcheinander gewirbelt wurde, liegt in der Natur der Sache und unserer Region. Aber keine Wetterlage, ob Hitze, Hagel oder Nebel, vertreibt unterhalb der Nürburg den optischen und akustischen Zauber dieser nicht unter gegangenen, sondern wiederbelebten Tage auf und neben der Rennstrecke

Text und Fotos: Charlys Autos