Opel und der Motorsport: Das ist eine ebenso lange wie erfolgreiche Allianz. WM-Titel mit Rallye-Ikone Walter Röhrl 1982 im Ascona 400 B, Siege und Titel in den bedeutendsten Rundstreckenserien wie der (DTM). Der Blitz aus Rüsselsheim funkelte überall dort, wo die „Opelaner“ in großen Scharen ihre Helden anfeuerten. Nachdem die deutsche General-Motors-Tochter sich in Krisenzeiten komplett aus dem Motorsport zurückgezogen hatte, fährt der Hersteller jetzt eine neue Strategie. Vor allem junge Leute will man mit einem bezahlbaren Motorsport-Programm wieder an die Marke binden. So ist der neue ADAC Opel Rallye Cup nicht nur ein bezahlbarer Sport für Einsteiger (die 140 PS starke Cup-Variante des neuen Lifestyle-Fahrzeugs ADAM gibt es bereits ab 24.990 Euro), sondern beinhaltet auch eine „Talentförderung mit Perspektive“, wie Jörg Schrott, verantwortlich für das Thema Motorsport bei den Rüsselsheimern, erklärt.
Unterbau der nationalen Homologation (Zulassung) ist die ADAM-Cup-Variante, beatmet von einem 1,6-Liter-Sauger mit 140 PS, der an das Regelwerk der FIA (Weltmotorsportverband) angelehnt ist. Partner ist das Team von Holzer Motorsport aus dem schwäbischen Bobingen. Einer Handvoll Journalisten ermöglichten die Rüsselsheimer jetzt Testfahrten auf abgesperrten Asphalt- und Schotterstrecken im Cup-Auto. Motto: „Ihr soll ja schließlich wissen, über was Ihr schreibt…“ – Eine Selbst-„Erfahrung“ der besonderen Art.
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War es nun Zufall oder einfach ein gütiger Warnhinweis des Schicksals? Das „Stehrodrom“, irgendwo im Niemandsland des nordhessischen Vogelsbergkreises, das meine beherzte Attacke auf die Rallye-Welt an diesem Tag erleben sollte, lag ausgerechnet an der „Friedhofstraße.“ Na ja, Vorsicht ist halt die Mutter der Porzellankiste. Man könne auch gerne „die eigene Rennausrüstung“ mitbringen, hatte Opel in der Einladung wissen lassen. Ansonsten würden derlei passive Sicherheitsvorrichtungen aber auch leihweise gestellt.
Ein Blick in die hintersten Ecken meines Kleiderschrankes belehrte mich, dass mein reichlich lädierter Fahreranzug aus den frühen 1980er Jahren inzwischen wohl sogar als Kleiderspende vom Roten Kreuz abgelehnt würde. Im Integralhelm, der längst ein trauriges Asservaten-Dasein in einer Kellernische fristet, mussten sich wohl irgendwann ein paar Hausmäuse niedergelassen haben. Also: nehmen wir die Klamotten, die Opel vor Ort hat.
Und dann ging‘s los. Wir sollten (nein durften) das Cup-Gerät auf abgesperrter Prüfung bewegen. An unserer Seite Horst Rotter, eingebunden in die Entwicklung des Fahrzeugs, ein erfahrener Rallye-Profi Immerhin: Der Einstieg in den Rallyekäfig und die zielgerichtete Verdosung des Piloten gelangen ohne vorsätzliche Zerstörung meines malträtierten Bandscheiben-Apparates. Anzug und Helm, nun sagen wir einfach mal, „passten.“
Nach einer kurzen technischen Unterweisung in das Fahrzeug harrt der Kurs nun meiner fahrerischen Offenbarung. Da der Mensch aber ein Gewohnheitstier ist, zuckt nach den ersten Gangwechseln mit dem sequenziellen Getriebe mein linker Fuß immer noch mit. „Dein linkes Bein kannst Du in die Hosentasche stecken“, erinnert mich Horst freundlich, aber nachdrücklich an die segensreichen Auswirkungen moderner Rallye-Technik. Es dauert eine Weile, bis ich kapiere, wie man die Gänge im Takt von Sekunden-Bruchteilen dank des sequenziellen Getriebes regelrecht reinknüppelt. Das Fahrgefühl in dem schaukelnden, mit dem Heck in Extremsituationen leicht quer kommenden Cup-ADAM, war recht schnell wieder da. Nach der Pflicht auf dem Asphalt soll die Kür auf Schotter für den Fotografen folgen: Driften, mit „Schmackes“ und dem Heck voran ins Geschlängel. Kontrolliertes Synchron-Arbeiten am Gaspedal, gleichzeitiges Bremsen mit dem linken Fuß und der Handbremse.
Na ja.: „Ist halt schon eine Weile her“, denke ich, während ich versuche, das Multitasking am Lenkrad, der Pedalerie, dem Getriebeknüppel, und der Handbremse irgendwie mit der „Virtuosität“ meiner Füße zu koordinieren. Dass der Helm sich mittlerweile zu einer leichten Eigendynamik entschlossen hat, und ich demzufolge auch an der Optimierung meiner Blindflug-Fähigkeiten arbeiten darf, erleichterte das Ganze nicht unbedingt.
Irgendwann sollten wir dann zum Ende kommen. „Die Anderen wollen auch noch fahren“, brüllt Horst mangels Gegensprechanlage. „Einen Drift noch.“ – „Soll ich mal mit der Handbremse, während Du einlenkst?“, bietet Horst mir lautstark an. Ein wenig fühle ich mich dann doch an der verblichenen Rallyefahrer-Ehre gepackt. „Nee, lass mal.“ Als ob Picasso jemals darum gebeten hätte, man möge ihm den Pinsel führen! Kurz darauf ist Schluss. Ich schäle mein leicht klappriges Knochengerippe aus dem verdreckten Cup-ADAM. „Wir wollten ein Fahrzeug, das bei allem Höchst-Anspruch beherrschbar und vorhersehbar in seinen Reaktionen ist“, blättert Horst Rotter noch einmal das Lastenheft auf. Das ist der Allianz Opel / Holzer gelungen.
Ab dem nächsten Jahr greift Stufe zwei des modularen Opel-Rallyeprogramms. Dann kommt der ADAM in der FIA R2-Stufe mit etwa 190 PS zum Einsatz. Langfristige Perspektiven für die nächsten Schritte in Richtung europäischer Rallyespitze gehören dazu. Der ADAC als Partner des Cups stellt in erster Linie den organisatorischen Rahmen und die Motorsport-Infrastruktur. Für Opel, einen Autobauer mit großer Motorsport-Vergangenheit, eine ideale Plattform, um junge Kunden wieder an sich zu binden.
Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Opel media