Liebe Leserin, lieber Leser,
trotz aller „Schnellschuss-Angebote“ im Netz zum Thema Urlaub und / oder Hotels ist seit ein paar Tagen Eines mal wieder gegenwärtig: Die Urlaubs-Romantik ist noch längst nicht ausgestorben und wird wohl auch in den nächsten Jahren nicht „den Bach runter gehen“, wie es so schön heißt. Denn der jetzt zu Ende gegangene Caravan-Salon in Düsseldorf vermeldete mit 190.000 Quadratmetern an Ausstellungsfläche nicht nur einen neuen Rekord, er zeigte auch: die Industrie dieses Segmentes rüstet weiter auf. Das urlauben und sogar das Dauer-Wohnen in der freien Natur haben offenbar mehr Freunde als im Allgemeinen angenommen. Das Angebot wird demzufolge nicht nur umfangreicher. Die mobilen Homes werden mehr und mehr luxuriöser.
Deutschland steht bei den Zulassungen an Wohnmobilen an Nummer eins in Europa. Warum ist das so? Sind es immer noch die „mobilen Nachwehen“ aus den späten 1950er oder den frühen 1960er Jahren, als das Nachkriegs-Deutschland der Wirtschafts-Wunderjahre den Drang nach Sonne und Ferne in Bella Italia auslebte? Als sich unsere (Groß)-Eltern noch im VW Käfer über die Alpenpässe quälten und sich dann auf irgendwelchen vollen Camping-Plätzen ihr persönliches Stück Freiheit gönnten? Lange Zeit galten die Alkoven-Fahrzeuge als Renner der Szene, dann kamen die Teil-Integrierten. Inzwischen ist der Trend zur Individualisierung des Camping- und Wohnmobil-Lebens nicht mehr auf zu halten. Kastenwagen, also ausgebaute Transporter, erfüllen nahezu jeden Wunsch.
Was macht das längst nicht mehr so einfache mobile Leben heute noch (oder wieder) so attraktiv, dass viele Mitmenschen es einem Karibik-Urlaub oder einem „all inclusive“ in der Türkei oder einer Kanaren-Insel vorziehen? Vielleicht ist es zumindest zum Teil auch der vielfach zitierte demografische Wandel. Menschen, die vor 50 oder mehr Jahren als Kleinkinder mit Vater und Mutter „Bella Italia“ kennen und manchmal auch lieben lernten, wollen sich ein Stück ihrer Kindheit zurück holen.
Das, was damals noch ein großes unbekanntes Abenteuer war, möchten Viele jetzt im Zeitalter des frühen Rentner-Daseins noch einmal aufleben lassen. Mit etwas mehr Luxus vielleicht, denn man kann es sich ja mittlerweile gönnen und leisten. Aber vielleicht soll es doch eine um Vieles leichtere Reise als vor einem halben Jahrhundert sein, die noch einmal zu den Erlebnissen der Kindertage führt.
Wie auch immer: vom preisgünstigen Einsteiger bis hin zum Luxusliner für ein paar Hunderttausend Euro wurde beim Caravan-Salon alles geboten. Die „Schwergewichte“ der Branche sind im harten Existenz-Wettkampf auf immer neue Angebote und Überraschungen angewiesen. Da muss es nicht unbedingt ein lowcost-Segment sein, um die „fette Kohle“ zu machen. Die frühen Nachkriegskinder sind inzwischen ins Rentenalter gekommen oder stehen kurz davor. Und sie wollen nicht nur ein oder zweimal im Jahr an irgendeinem fernen Strand die Beine und die Seele baumeln lassen. Die Wünsche haben sich inzwischen dem Zeitgeist angepasst. Eigene persönliche Mobilität mit einem hohen Wohlfühl-Faktor zu verbinden, das ist gefragt.
So ein wenig sollen die unbeschwerten Kindertage mit hinüber genommen werden in den letzten Lebensabschnitt, der nun bevorsteht. Von den ersten Schwarz-Weiß-Abzügen bis hin zur digitalen Datenbank. Die Erfüllung der Sehnsüchte hat sich manchmal kaum verändert. Nur der Weg dorthin ist ein anderer geworden.
Ihr Jürgen C. Braun