Der aktuelle Golf als Diesel: E_Mobilität ist nicht Alles

Er gilt als ewiger Bestseller, nach ihm wurde eine ganze Fahrzeug-Klasse benannt. Er ist der Erbe des Autos, das das Land nach dem Krieg mobilisiert hat. Gibt es mehr Lob? Gibt es aber auch mehr Rucksack an Anforderungen, die man gefälligst zu erfüllen hat. Der VW Golf hatte in seiner achten Generation einen eher durchwachsenen Start. Hat ihm also das Facelift 2024 gut getan? Wir wollten es wissen und waren mit dem 150 PS starken Zweiliter TDI mit Siebengang-DSG unterwegs.

Über Emotionen ließ sich ein Golf, mal abgesehen vom GTI, eigentlich nie verkaufen. Er war als Nachfolger des legendären Käfer eigentlich das klassische Brot-und-Butter-Auto. Konkurrierende Hersteller, gleich ob Inland oder Importeure, positionierten ähnliche Modelle eben in der Golf-Klasse und schwangen sich damit ungesagt und oft ungewollt zu Marktbegleitern in diesem Segment auf. 

Der Golf, im März vor 50 Jahren zum ersten Mal vom Band gelaufen, wurde in diesem halben Jahrhundert zum Spiegelbild der Entwicklung des Automobils. Mit Bedacht aber konsequent wurde er dem Zeitgeist in Sachen Optik, Sicherheit, Komfort, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Individualisierbarkeit angepasst. Und doch gab es zur Einführung der achten Generation Kritik, vor allem in punkto Bedienbarkeit, sodass ein Facelift eher angesagt war, als man das vermutet hätte.

Was uns bei der Anlieferung des Testwagens als Erstes auffiel, war der riesige Bildschirm, der wie ein Laptop-Screen den Armaturenbereich dominiert. VW hat sich an den Konzernbrüdern Tiguan und Passat orientiert. Deren Bedienlogik wurde adaptiert, der Tablet-ähnliche Screen ragt frei schwebend aus der Mittelkonsole heraus. Die Bedienbarkeit funktioniert einleuchtend über klar strukturierte und gut ablesbare Wiedergaben. Zugriff auf Fahrzeugeinstellungen und Navi sind keine Geheimnisse der Kommunikation mehr. Die Displays weisen entweder 10,4 oder 12,9 Zoll Bildschirm-Diagonale auf. In einem Golf mit überschaubaren Innenraum-Dimensionen erscheint uns die kleinere genügend.

VW hat sich zudem der sensiblen Berührungsflächen des Multifunktionslenkrads angenommen. Die gehören jetzt der Vergangenheit an, wurden durch griffige Tasten ersetzt, auf denen man nicht mit dem Finger „herumschlittern“ muss und vielleicht eine Funktion auslöst, die man gar nicht haben wollte. Da hat Wolfsburg Sinn fürs Praktische bewiesen. Die EU-angeordnete notwendige Warnung bei Ignorieren der Geschwindigkeit hat natürlich auch Wolfsburg erreicht. Anders als bei einigen Konkurrenten, vor allem bei etlichen chinesischen Modellen, kommt der akustische Zeigefinger nicht schon, wenn man auch nur einen einzigen km/h zu schnell ist. Der Nerv-Faktor hält sich in Grenzen.

Über das Prinzip „Car2x“ ist der Golf serienmäßig mit der Außenwelt vernetzt und tauscht sich im Umkreis von 800 Metern via WLAN in Sekundenbruchteilen aus. Warnungen vor Unfällen, Pannen, Stauende und einem sich nähernden Krankenwagen sind die Folge. Was geblieben ist, sind die sehr guten Platzverhältnisse hinten wie vorn für Kopf, Schultern, Beine, Knie.

Nicht alles, was Wolfsburg produziert, wird trotz großen Hypes ausschließlich von Elektromotoren angetrieben. Zum Glück, wie wir nach zwei Wochen Zweiliter-Golf als TDI festhalten dürfen. Dessen Kombination an Fahrkomfort, Wirtschaftlichkeit, Leistung, Verbrauch, und damit auch ökologischer Bilanz sowie Nachhaltigkeit, ist beeindruckend. In Bezug auf das Fahrwerk macht niemand den VW-Ingenieuren etwas vor. Die Federung hat die optimale Abstimmung zwischen Komfort und Sportlichkeit. Längs- und Querrillen werden weggeschluckt, als seien sie nicht vorhanden. Das 7-Gang Doppelschaltgetriebe arbeitet kaum wahrnehmbar zum richtigen Zeitpunkt ohne Zugkraftunterbrechung. Und es arbeitet ruckfrei beim Anfahren, was mal eine VW-Krankheit war.

Die Leistung kommt über ein breites Drehmomentband. Dennoch macht es Spaß, immer mal wieder die Paddel hinter dem Multifunktionsrad zu bedienen, um zu erleben, ob sich die Performance auch manuell irgendwie bemerkbar macht, eventuell gar optimieren lässt. Wenn man den Zweiliter Diesel mit Turbo-Kompressor und Ladeluftkühlung antizipierend fährt, aufgebaute Leistung und vorhandene Energie geschickt ausnutzt, und sie nicht nach unnötigen Bremsvorgänge wieder neu aufbauen muss, fährt man mit einer Tankfüllung weit mehr als 100 Kilometer.

Technische Daten VW Golf 8 PA Style 2.0 TDI

Ausführung: Fünfsitziges Kompaktmodell

L / B /H:                4,28 / 1,79 / 1,45 Meter

Radstand:                                    2,63 Meter

Kofferraum:                       380 – 1237 Liter

Leergewicht:                      1390 Kilogramm

Zul. Gesamtgewicht:        1960 Kilogramm

Motor:       4-Zylinder CommonRail Diesel

Leistung:                                             150 PS

Höchstgeschwindigkeit:              223 km/h

Getriebe:                                   7-Gang DSG

CO2-Emissionen:                             99 g/km

Verbrauch: (eigen)               3,8 L / 100 km

Preis VW Golf 8 2.0 TDI:    ab 26.220 Euro

Text: Charlys Autos / Bilder: Charlys Autos / Hersteller