Mercedes-Benz EQB: Familien-Stromer mit Vor- und Nachteilen

Familientaugliche Kompakt-SUV mit der Option auf sieben Sitzplätze sind angesichts der SUV-Schwemme eigentlich kein Fahrzeug mit Seltenheitswert mehr. Wenn es dagegen ein vollelektrischer Antrieb sein soll, sieht das schon wieder anders aus. Wir waren zwei Wochen in der Region mit einem Fahrzeug unterwegs, das dieses Attribut aufweist: Dem Mercedes EQB 300 4Matic. Ein Proband mit Stärken und Schwächen. Und zudem einer, dessen Nachfolger bereits in den Startlöchern steht.

Als Mercedes den EQB, mittlerweile schon vor einigen Jahren, einführte, hatte er kaum Konkurrenz zu fürchten. Denn ein BEV (battery electric vehicle), wie die Stromer inzwischen genannt werden, mit diesem Anforderungsprofil, war auf dem Markt kaum zu finden. Was zwei Dinge bewirkte: Zum einen, dass die schwäbische Gründlichkeit in punkto Komfort, Qualität und Verarbeitung der Materialien, aber auch wegen einer fein austarierten Fahrwerkstechnik zeigte, was sie drauf hat.

Die dortige Landsmannschaft indes macht da kein großes Aufhebens drum und tut das eher gewohnt mit der Bemerkung „Isch halt a Daimler“ ab. Sein „Alter“ in den immer kürzer werdenden automobilen Generations-Perioden war aber auch an zwei Dingen ersichtlich: An der Ladeleistung und am Verbrauch. Die Reichweite der WLTP-Angabe konnten wir zudem auch bei moderater Fahrweise nicht verifizieren. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Mit einer Länge von 4,68 Metern ist der EQB schon eine ziemliche „Kante“ von Auto. Muss er auch sein, will er seine Versprechungen beim Platz für Insassen und Gepäck und der optionalen Anzahl der Sitzplätze einhalten. Für die optionale dritte Sitzbank musste man bei der Markteinführung bereits 1416 Euro hinblättern. Nimmt man dann noch die verschiebbaren Fondsitze für 428 Euro hinzu, hat an die Möglichkeiten und Vorteile des elektrischen Familienautos ausgereizt. Empfehlenswert allemal, weil die Raumverhältnisse für Kopf, Schultern, Beine es zulassen.

Der EQB ist nicht nur wegen seiner löblichen Raumverhältnisse ein Vertreter seiner Premium Herkunft. Das Cockpit wie stets mit „feinstem Equipment ausgestattet, das Gestühl mit langer Beinauflagefläche an den Seiten elektrisch verstellbar. Touch-Menüs, deren Bedienbarkeit einem sich nicht immer auf den ersten Blick erschließt, sind indes mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Das Multimediasystem MBUX mit der „Hey-Mercedes“-Aufforderung zeigt Live Traffic Information und Echtzeit-Verkehrsdaten.

Der Eco-Assistent, aktivierbar über die Paddel in der Fahrstufe D, ist ein sinnvolles Tool unter Sicherheits-Aspekten. Es hat nicht nur den Abstand zum Vorausfahrenden im Blick. Es informiert den Fahrer zudem über sich ändernde Verkehrssituationen und passt die Rekuperation an. Alles an diesem elektrischen Familien-SUV aus Untertürkheim macht den Eindruck automobiler gepflegter Kultur. Bestell- und konfigurierbar ist der EQB übrigens nicht mehr. Lagerwagen und der höchst interessante Gebrauchtwagenmarkt für BEV bieten aber immer noch genügend Möglichkeiten für „Schlaumeier“. Der Nachfolger steht bereits für 2026 mit dem GLB EQ bereit.

Wären wir nur vom Fahrvergnügen ausgegangen, so wären wir mit dem EQB 300 4matic gerne noch länger als die beiden Wochen im Raum Eifel, Mosel, Hunsrück, Saar unterwegs gewesen. Federung, Abrollverhalten, Innenraumgeräusche, antizipieren der sich ändernden Verkehrsverhältnisse: all das war wie bei einem guten Schiedsrichter: Am besten ist er immer dann, wenn man ihn nicht bemerkt und nicht über ihn nachdenkt. Für ein Elektroauto und dessen Eigenart, mit dem sofort vorhandenen Drehmoment mitunter etwas ungestüm um zu gehen, war die gepflegte Kultiviertheit fast schon ungewöhnlich.

Ob das an den beiden Elektro-Motoren liegt, die für den Vortrieb sorgen, wissen wir natürlich nicht. Beide erzeugen eine Systemleistung von 328 PS und 390 Nm. Wobei der kräftigere von beiden seinen Dienst an der Vorderachse verrichtet. Die beschriebene Eigenheit des Elektromotors sorgt dafür, dass der Antrieb gut am Fahrpedal hängt. Ein Kraftprotz mit Sportwagen-Attitüde ist der schwäbische Familien-Stromer dennoch nicht. Leistung und Drehmoment sind zwar in ausreichendem Maß vorhanden. Überschäumendes Temperament darf man dem SUV aber nicht attestieren, stand so aber wohl auch nicht im Lastenheft.

Dass der Nachfolger dieses Modells aber schon halb mit den Reifen aus den Toren der Fabrik  herausschaut, ist aber auch dem Umstand zu zu billigen, dass die Ladegeschwindigkeit auch an der 300 kW Ladesäule wie auch der Verbrauch angesichts der rasanten Entwicklung in diesen Bereichen nicht mehr zeitgemäß sind. Selbst wenn wir uns den Spender nicht mit einem zweiten Fahrzeug teilen mussten, kamen wir im Schnitt auf bestenfalls etwas mehr als 70 Kilowatt (kW) Fließgeschwindigkeit.  Bei maximal 85 Prozent gefülltem Energiespeicher bedeutete das mit von uns notierten 21 kWh Verbrauch auf 100 Kilometer (Mindestanagabe bei moderater Fahrweise) eine Reichweite von etwas unter 300 Kilometern.

Fahrvergnügen und die dazu unabdingbar notwendigen Parameter arbeiten also nicht gerade Hand in Hand. Wer jedoch auf Ersteres mehr Wert legt und Ladeleistung sowie Verbrauch keine Prioritäten einräumt, der wird an diesem Fahrzeug Freude haben. Die Lager bei den Händlern sind gut gefällt und der Gebrauchtwagenmarkt beim E-Auto entwickelt sich erst.

Technische Daten Mercedes-Benz EQB 300 4matic

Ausführung: 5 – 7sitziger Familien-SUV.

L / B /H:    4,68 / 1,83 / 1,67 Meter

Radstand:                         2,82 Meter

Kofferraum:               495 bis 1710 L

Leergewicht:                          2170 kg

Zul. Gesamtgewicht:           2605 km

Anzahl Elektromotoren:                  2

Systemleistung:                       228 PS

Höchstgeschwindigkeit:    160 km/h

Antriebsart:                                Allrad

Batterie:                       Lithium/Ionen

Getriebe:               1-Gang Automatic

Reichweite nach WLTP:         354 km

Ladeenergie Vollladung     70,5 kWh

Testverbrauch:    21,5 kWh / 100 km

Text: Charlys Autos / Fotos: Matthias Elwert