Wer bei Fahrzeugen aus der schwäbischen Edelabteilung auf jede Menge Power setzt, der sieht sich in erster Linie bei der AMG GmbH um. Doch es gibt auch „knapp darunter“ Produkte mit dem Stern im Kühler, die nicht von der Daimler-Tochter für die High-Performance-Kategorie stammen und dennoch jeden Vergleich mit deren Produkten aushalten. Wir fuhren die leistungsstärkte Limousine aus dem Hause Mercedes, die nicht durch AMG-Hände gegangen ist: Die E 450 4M Variante.
Seit dem Facelift der E-Klasse steht das stärkste Mitglied dieser Baureihe, das sich nicht mit AMG-Siegel schmückt, als Mildhybrid in den Verkaufsräumen. Wobei die technischen Daten des Mercedes E 450 4Matic gleich geblieben sind. Mit 367 PS bleibt der Dreiliter-Biturbo-Reihensechszylinder eine komfortable Langstreckenlimousine mit Sportwagencharakter.
Unser Testwagen definiert sich aber nicht nur über die Systemleistung, über die Unterstützung des 16 kw (22 PS) starken Elektromotors. Denn Mercedes ist nun einmal Mercedes und damit Premium in jeder Hinsicht. Über die Materialien, die Verarbeitung, das Angebot und den aktuellen Status der Assistenzsysteme und die Vernetzung mit der Umwelt. Und letztlich auch über den Status Quo des autonomen Fahrens.
Wer E-Klasse fahren will, der hat die Möglichkeit, den Spagat zwischen Komfort und Leistung auf vollendete Art und Weise zu vollziehen. Mit dieser Limousine der oberen Mittelklasse, als die Mercedes-Benz die Baureihe unter der S-Klasse selbst definiert, fährt man in dem etwas drögen Graphitgrau Metallic unseres Testwagens mit staatsmännischer Attitüde einher. An der nötigen Kraft unter der langen Motorhaube mangelt es aber nicht.
Nach der ersten Modellpflege der aktuellen Generation W 213 mit neu designten Rückleuchten, neu gestalteten LED-Frontscheinwerfern und einer Motorhaube mit raffiniertem Powerdome wurde auch im Innenraum Hand angelegt. Wie so oft geht außen wie innen Vieles nur über das Häkchen in der Aufpreisliste. So kostet beispielsweise das intelligente Multibeam-LED-Licht 1508 Euro zusätzlich.
Nach analogen Instrumenten sucht man jetzt im Interieur vergeblich. Alle Anzeigen sind digital gehalten. Der 10,25 Zoll große Bildschirm ist – natürlich optional kostenintensiver – gegen eine 12,3 Zoll große Variante zu haben. Kommen wir zum teilautonomen Fahren: Das exklusiv gestylte neue Lenkrad mit berührungssensitiver Bedienung weist jetzt eine Sensormatte um den gesamten Lenkradkranz auf. Da genügt schon eine leichte Berührung, wie es der Name sagt. So erkennt die E-Klasse sehr früh, ob der Fahrer noch „dabei ist“, die Hände das Lenkrad umfassen. Und so machen teilautonome Fahrsysteme auch Sinn.
In den Bereich Exklusivität fällt auch der ENERGIZING COAC im „MBUX“-Infotainment-System der neuesten Generation. So kann man im System ein vorgefertigtes „Fitness-System hinterlegen“, bei dem eine wohlklingende Stimme zu bestimmten Übungen während der Fahrt auffordert, die die Aufmerksamkeit nicht beeinträchtigen. Auch an entsprechender Duft-Benebelung, an Massagefunktionen und Frischluftwellen aus den Düsen fehlt es nicht. Das ist dann schon auf den weich gepolsterten Sitzen mit Lordosenstütze wie im Spa-Bereich des Fünfsterne-Hotels.
Und nun zu dem Zweck, für den man sich ein Auto, gleich welcher Kategorie, eigentlich kauft: zum Fahren. Der Dreiliter-Biturbo, ein klassischer Reihensechszylinder, vermittelt einem dank des Luftfederwerks im Testwagen mit sonorer Wiedergabe des Arbeitstaktes das Gefühl, von kraftvollen und nimmermüden Zeitgenossen in einer Sänfte getragen zu werden. Das maximale Drehmoment von 500 Newtonmetern macht es mit größtmöglicher Souveränität möglich. Da das 48-Volt-Bordsystem und der 22 PS starke Elektromotor bereits ihre Arbeit aufnehmen, während der Turbolader sich noch seinen Namen verdient, entfällt all das, was man gemeinhin als Turboloch bezeichnet und es entsteht ein progressiver linearer Kraftaufbau. Der Generator sorgt für ein kaum merkliches starten des Motors.
Unser Fazit nach vielen Kilometern in Stadt und Land sowie auf der Autobahn mit abgeriegelter Höchstgeschwindigkeit bei Tempo 250: Diese Top-Variante der allradgetriebenen E-Klasse ist das Nonplusultra zwischen Fitness-Studio und Fernsehsessel. Das 4MATIC-AWD-System teilt die Leistung von vorne nach hinten auf 45:55 oder 50:50 auf, ohne dass man davon etwas mitbekommt. Dadurch werden 100 Prozent der verfügbaren Leistung auf das Rad verlagert werden kann, das sie im Moment braucht. Und so wird aus der fast fünf Meter langen komfortablen Langstreckenlimousine ein Kurvenräuber, wenn man es denn wünscht. Und mit 8,4 Litern Super plus, die wir während des Testzeitraums verbrauchten, erlebten wir zudem eine wirklich positive Überraschung in Sachen Verbrauch.
Technische Daten Mercedes-Benz E 450 M
Ausführung: fünftürige Limousine
L / B /H: 4,93 / 1,85 / 1,46 Meter
Kofferraum: 540 Liter
Leergewicht: 1940 kg
Zul. Gesamtgewicht: 2600 kg
Motor: 6 Zylinder Reihe / Abgasturbolader
Hubraum: 2999 ccm
E-Motor: 16 kw / 48 V Batteriespannung
Systemleistung 367 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Antriebsart: Allrad
Getriebe: 9-Gang AT
Verbrauch (TV): 8,6 Liter / 100 km
CO2-Emission: 181 g / km
Schadstoffklasse: Euro 6 d
Basispreis: 66.598 Euro