Was bewegt junge, Autobegeisterte Buben und Mädchen, sich bei 30 Grad im Schatten in eine Schlange zu stellen, um mit Engelsgeduld endlich ein Autogramm von einem Mann zu erhaschen, der leicht und locker ihr Großvater sein könnte? Von einem Mann, der seine größten Erfolge feierte, als ihre Väter so alt waren sie selbst, und der doch auch Jahrzehnte später immer noch von unglaublicher Bekanntheit und Popularität in der Autonation Deutschland ist: „Ich weiß es auch nicht so ganz. Vielleicht ist es deshalb, weil ich zwar immer schnell war und spektakulär gefahren bin, aber mich auf der Straße im Verkehr auch anständig verhalten habe““, sagte Walter Röhrl. Aber so ganz, um ehrlich zu sein, weiß er es immer noch nicht.
Denn um ihn, Walter Röhrl, den zweimaligen Rallye-Weltmeister, den vierfachen Gewinner der legendären „Rallye Monte Carlo“, wird sich alles drehen, wenn am kommenden Wochenende (25. – 27. Juli) bis zu 40.000 Zuschauer bei „Eifel Rallye Festival“ rund um die Kreisstadt Daun völlig „hipp“ sind. Sie werden kommen, um Röhrl und seine ehemals schärfsten Konkurrenten wie die früheren Weltmeister Stig t Blomqvist und Björn Waldegaard (beide Schweden) wieder in Aktion zu sehen. „40 Jahre Rallye-Weltmeisterschaft“ heißt das Motto der Veranstaltung in diesem Jahr. Die Veranstalter, der Kölner Rallyefotograf Reinhard Klein und dessen Organisation „Slowly Sideways“ mussten im Vorfeld gewaltig „sieben“, bis die 160 Starter fest standen. „Das Interesse von Besitzern historischer Rallyefahrzeuge an dieser Veranstaltung ist europaweit mittlerweile schier unermesslich. Aber irgendwann sind wir an der Grenze unserer Kapazitäten angekommen“, schildert Organisationsleiter Peter Schlömer (MSC Daun) das Dilemma der Organisatoren.
700 Helfer wurden in einem langen Jahr der minutiöser Vorbereitung rekrutiert, um die Wertungsstrecken (WP) ab zu sperren, die Zuschauerströme zu lenken und für Sicherheit und Wohlbefinden der Besucher zu sorgen. Das Eifel Rallye Festival, das ist mittlerweile so etwas wie das „Alpe d’Huez des Rallyesports.
Die Namen der Fahrzeuge, die rund um das berüchtigte „Mantaloch“ im Höchsttempo auf Zeitenjagd gehen, lesen sich wie das „Who is who“ des Rallyesports früherer Jahrzehnte. Audi Sport Quattro, Mercedes-Benz 500 SL, Opel Ascona 400, das ehemalige “Michèle-Mouton-Auto“, der Peugeot 405 T 16, Lancia 037 Rallye und, und, und. Die so genannten „Gruppe-B“-Fahrzeuge aus dem Rallyesport der 1980er Jahre, ausgestattet mit Leistungsspitzen von mehr als 500 PS, sind gleich mit mehreren Teilnehmern vertreten.
75 verschiedene Fahrzeugtypen von 33 verschiedenen Herstellern bilden das weltweit größte rollende Rallye-Museum, das unter dem Patronat der „Autostadt“ Wolfsburg steht. „Wir sind froh, dass sich der bedeutendste deutsche Autohersteller Volkswagen mit seiner Tochter bei dieser Veranstaltung engagiert“, sagt Röhrls ehemaliger Beifahrer Christian Geistdörfer, der für das Marketing des Festivals verantwortlich ist. Männer von der freiwilligen Feuerwehr, vom THW, von Funkclubs aus ganz Deutschland sind vor Ort. Alle ebenso unentgeltlich wie unentbehrlich. Angereist, nur damit sie mal einen Blick auf die vorbei huschenden, rauschenden und röhrenden Zeitzeugen einer Sportart werfen können, in der „Schumi“ noch im Kart seine ersten Fahrversuche unternahm.
Und Walter Röhrl? Nun, der Lange kann es natürlich nicht lassen. Auch nicht im Alter von 66 Jahren. Topfit und gertenschlank geht der Mann, der im Auftrag von Porsche auf dem Nürburgring regelmäßig in der Eifel zu Gast ist, gleich in mehreren Fahrzeugen aus seiner unvergleichlichen Karriere an den Start. Röhrl, der als Ausdauer-„Junkie“ auch heute noch mehr als 12.000 Kilometer auf dem Rad zurück legt, hatte schon im vergangenen Jahr bei der großen Rallye-Abschlussparty den (gespielten) Unmut der Zuschauer auf sich gezogen. „Im nächsten Jahr bin ich 66. Vielleicht wäre es mal an der Zeit, vernünftig zu werden.“ Ein (ebenso gespieltes) Pfeifkonzert der vielen Party-Gäste war die lautstarke Quittung.
Das Eifel Rallye-Festival ohne Röhrl? Undenkbar. Das wäre wie Woodstock ohne Jimi Hendrix. Und das kann nicht sein.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun