Dacia Bigster: So günstig kann gut sein

Dieser Name hat wahrhaftig Programm: big, bigger, Bigster. Dacia Bigster. Mit ihrem ersten Kompakt-SUV betritt die rumänische Renault-Tochter den heißest umkämpften Markt. Und der Bigster, übersetzt wie „der Dickste“ oder „der Größte“, hat das Zeug, dort die Konkurrenz nervös zu machen. Nicht nur; wie bei Dacia eigentlich von Beginn an, wegen des unschlagbaren Preis/Leistung-Angebots, sondern auch wegen des neuen Selbstverständnisses einer Marke, die bisher eher etwas über die linke Schulter angesehen wurde. Der Bigster aber, und das durften wir beim ersten Kennenlernen und einer kurzen Testfahrt feststellen, hat das Zeug dazu, die Geschichte des Hauses Dacia bei uns in einer unerwartet forschen Art und Weise fort zu schreiben.

Neben dem erwähnten, für den Kunden attraktiven, Zusammenspiel von Preis und Gegenwert setzt Dacia, das sich derzeit mit neuem Wiedererkennungswert völlig umkrempelt, auf die Themen Effizienz und Robustheit. Der Rivale des Platzhirschen VW Tiguan startet zu Preisen ab 23.990 Euro (nie zuvor war ein Dacia-Modell nicht unter 20.000 Euro zu haben) und liegt damit um rund 14.000 Euro unter dem Wolfsburger Rivalen. Klar, wer sich für Dacia entscheidet, weiß, dass er Kompromisse machen muss. Aber er oder sie weiß längst auch, dass dieses Eingeständnis kein Grund mehr ist, der Marke den Rücken zu kehren.

Kantig, bullig, schlicht, robust: Genauso präsentiert sich das größte Modell von Dacia. So sehen klassische Geländewagen aus, der Bigster aber hat dennoch einen Hauch von Charme und sportivem Auftritt erhalten: Leicht ausgestellte Kotflügel, markantes LED-Tagfahrlicht. Der größte Dacia orientiert sich, was wenig wundert, am Bestseller Duster. Mit 4,57 Meter Länge und 2,70 Meter Radstand übertrifft er dessen Platzangebot jedoch erheblich.

Und innen? Klar, im Interieur grüßt immer noch die Marken-bekannte Hartplastik, aber das ist das, was wir unter Kompromisse schließen verstehen. Das Material ist, zumindest in dem Testfahrzeug, das wir bei der Präsentation fuhren, sauber verarbeitet, knarzt und knirscht nicht. Das aber, worauf es ankommt, nämlich durchdachte Lösungsansätze, viel Platz, komfortable Sitze, und ein cleveres Zubehör wie das Sleep pack, das aus dem Bigster einen Mini-Camper macht, überwiegt in der Summe den vermeintlichen Malus der Materialanmutung beträchtlich.

Das sieben oder zehn Zoll große digitale Cockpit lässt sich rasch und mühelos bedienen. Wem die ständigen, EU-angesagten, Piepser für nervende Assistenz-Systeme auf „den Keks“ gehen, wird sich über die eine frei belegbare Taste freuen, um Selbige aus zu schalten. Gefallen hat uns auch das „You-Clip-System“, das dazu dient, Becher- oder Tablethalter individuell dort zu befestigen, wo man es gerne haben möchte.

Und wie sieht’s bei den Motoren aus? Alle sind elektrifiziert. Für den 1,2 Liter großen Dreizylinder Benziner gibt es zum ersten Mal auch eine 140 PS starke Mildhybrid-Version, die optional auch für den Betrieb mit Flüssiggas (LPG) erhältlich ist. Das neue Vollhybrid-Modell (155 PS) ist lediglich mit Frontantrieb zu erhalten. Warum man Allrad nur für den schwächsten Mildhybrid (131 PS) vorgesehen hat, will sich uns indes nicht ganz erschließen.

Dafür aber jedoch unser Fazit nach dem ersten date mit dem größten Dacia: Die Marke ist jetzt seit 20 Jahren auf dem hiesigen Markt, gefällt mittlerweile nach einem Komplett-Relaunch mit moderner Optik. Sie geht als robust und gefällig mit guten Lösungsansätzen, viel Platz, aber einem unschlüssig konzipierten Motoren- und Antriebskonzept durch. Wer jedoch einen Preis-Hit in besagtem Segment sucht, der ist gut beraten den Dacia Bigster auf die „Sollte-man-gesehen-haben“-Liste zu setzen.

Text: Charlys Autos / Fotos: Robert Bohnke