Tschüss Diesel, willkommen neue Übergangsstrategie: Der Volvo XC90, dessen aktuelle Generation nach einem Facelift 2019 schon seit 2015 den Abschluss der SUV-Baureihen des schwedischen Autobauers bildet, läutet eine finale Verbrenner-Runde bei der nordischen Premium-Automobilmarke ein, die so nicht zu erwarten war. Aber der Kunde sorgt immer noch nicht für den erhofften Stau beim Erwerb reiner Elektro-Fahrzeuge. Und so hat sich Volvo von dem ausgegebenen Ziel, bis 2030 nur noch voll elektrische Modelle zu produzieren, erst einmal verabschiedet. (siehe nebenstehenden Text). Dem großen SUV kommt damit die Aufgabe des Übergangsstrategen zu.

Der Hersteller schickt jedoch mehr als nur eine aufgefrischte Version des SUV-Dauerläufers ins Rennen um die Publikumsgunst gegen Mercedes GLE, BMW X5 oder Audi Q7. Das große SUV, in Optik, Design, Innenraum und Infotainment-Angeboten stark an die rein elektrischen BEV-Modelle angelehnt, setzt auch einen Pflock in die Geschichte des Motorenangebots. Vom Diesel hat sich Volvo nämlich bei seinem größten Modell, dem unserer Meinung nach ein ausschließlich saugender, Hubraumstarker Sechszylinder nicht schlecht zu Gesicht gestanden hätte, endgültig verabschiedet.

Für den Antrieb stehen nur noch zwei Benziner zur Verfügung: Der Einstiegsmotor (B 5) ist ein Mildhybrid mit 48-Volt-Bordnetz, der bei 360 Newtonmetern Drehmoment ordentliche 250 PS generiert. Die Option ist der Stecker als Top-Modell: Der Plug-In-Hybrid (T 8), mit einem E-Motor auf der Hinterachse, generiert nicht nur eine Systemleistung von 455 PS. Addiert von einem 310 PS starken Zweiliter-Benziner und einem 145 PS starken Elektromotor. Dank eines bärigen Drehmoments von 709 Newtonmetern ist dafür Sorge getragen, dass der XC90 weiterhin eine Reiselimousine auf den Asphalt schickt, die 2,2 Tonnen nicht nur mühelos, sondern auch komfortabel und für die Passagiere angenehm und stressfrei zu bewegen in der Lage ist.

Auch am Auftritt haben die Blechkleid-Schneider Hand angelegt. Schlankere Matrix-LED-Scheinwerfer, ein Kühlergrill mit Diagonalstreifen-Look, dunkler getönte Heck-Rückleuchten und zusätzliche schwarze Applikationen sorgen für deutlich mehr modernen Pep. Im Interieur fällt als Erstes ein neuer Infotainment-Bildschirm auf. Der ist jetzt auf das Armaturenbrett aufgesetzt und nicht mehr integriert. Das neue Android-basierte Infotainment-System ermöglicht nicht nur Updates „over the air“, sondern auch sämtliche Google-Dienste inklusive Google-Maps.

Was indes geblieben ist in der neuen Version: Der XC90 grüßt immer noch als Siebensitzer. Und er ist und bleibt ein Raumwunder. Auch da, wo man es kaum erwartet hätte. So bietet die Mittelkonsole jetzt mehr Platz. Außerdem ist die induktive Ladeschale für das Handy besser zu erreichen. Oft sind es die kleinen Dinge, die Großes bewirken. Ansonsten: Premium allerorten: Hochwertige Materialien, präzise Verarbeitung und eine zeitlose, skandinavische Werte-Offensive. Stil, aber nicht nur um des Stils, sondern um der Funktionalität willen:

An derlei exzellente Vorgaben aus dem Lande Hägars lehnt sich auch das Preisniveau an: Der Mildhybrid beginnt bei 79.980,00 Euro. Für den Plug-In-Hybrid T8 darf man mindestens 87.490,00 Euro aus dem Geldbeutel zaubern. Ein sechsstelliger Endbetrag ist allerdings auch keine unlösbare Denksportaufgabe. Und die Leasing-Konditionen? Beim T8 sind es monatlich 1.097,00 Euro ohne Sonderzahlung für 36 Monate. Der Mild Hybrid B5 erfordert 786,00 Euro bei gleichen Konditionen.

Mit der Einführung des Stromers EX90 schien das Schicksal des Volvo XC90 eigentlich besiegelt. Doch da der Faktor Mensch und dessen Kaufverhalten eine unbekannte Größe sind, heißt es auch für Volvo: zurückrudern. Das Vorhaben, von 2030 an nur noch rein elektrische Autos und Plug-In-Hybride verkaufen zu wollen, erwies sich als zu ambitioniert.

Ähnlich wie Volvo geht es den meisten Autoherstellern. Die allgemeine Verunsicherung ist groß. Die – laut angedachte – Abkehr vom Brüsseler Verbrenner-Verbot ab 2035 sorgt oft für mitunter populistisch anmutende Strategie-Wechsel. Für die einen ist Technologie-Vielfalt das Credo. Andere setzen auf die strikte Einhaltung des propagierten und eingeschlagenen Wegs der Transformation.

Fakt ist: Die Nachfrage nach BEV, reinen Stromern, bleibt hinter den Erwartungen zurück. Der Plug-In-Hybrid jedoch erlebt eine Renaissance. Der Markt ist unsicher und schwer ein zu schätzen. Weshalb die Schweden, schon seit Jahrzehnten Vorreiter beim Thema Sicherheit, der Einsicht in die Notwendigkeit folgten und ihr größtes SUV noch einmal in gleich zweifacher Verbrenner-Ausfertigung auf die Straße schicken: Als Mildhybrid mit 48-Volt-Bordnetz und als Plug-In mit einer nach WLTP elektrischen Reichweite von 71 Kilometern.

Keine einfache unternehmerische Entscheidung, denn im Herbst 2024 verfügte fast jeder vierte verkaufte Volvo (24 Prozent) über einen rein elektrischen Antrieb. Neues Ziel ist ein Anteil von Stromern und Plug-in-Hybriden bis 2030 von insgesamt mindestens 90 Prozent. Die verbleibenden zehn Prozent sind Mildhybride. Langfristig will Volvo an der vollständigen Elektrifizierung festhalten. Heißt also: Es bleibt spannend. Wenn auch anders, als sich die Automobil-Industrie das vorstellt.
Text: Charlys Autos / Fotos: Thorsten Weigl