GWM Ora 03: Ein ganz besonderer Chinese

Dass man sich um ein Testfahrzeug bemüht und das wenige Wochen nach der Bestätigung unter einem anderen Namen gebracht wird, kommt sehr, sehr selten – eigentlich so gut wie nie – vor. Weshalb wir uns heute mit „Ora funky cat“ und „GWM Ora 03“ beschäftigen. Zwei Namen, ein und dasselbe Auto: Ein Chinese, ein Stromer, ein Flitzer. Alles außer gewöhnlich. Außergewöhnlich.

Als sich Elizabeth Taylor im Jahr 1958 ihren Platz in den Leinwand-Annalen als „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ sicherte, ahnte noch niemand, dass die Chinesen uns im Land von Käfer und Kadett einmal sagen würden, wo es mit der Autofahrerei hin geht. Ist inzwischen aber so. Zum großen Teil jedenfalls. Und Liz, damals schon richtig funky (flippig), hätte 65 Jahre später mit Sicherheit ihre Freude an dieser rollenden Knutschkugel gehabt. Sie ist aus dem Konzern GWM (steht für Great Wall Motors, also Große Mauer) gerollt und gehört einer der beiden Modelllinien an: „Ora“ für die Stromer. Und die andere, Wey, ist die Heimat der Plug-In-Hybride.

Das Outfit: Treubrav guckt uns die elektrische Miezekatze mit dem süßen Entenbürzel an. Eine Mischung aus Nissan Micra, dem ersten Renault Twingo, eine Prise Käfer, etwas Mini. Wie Humphrey Bogart im Kultfilm „Casablanca“ möchte sie uns sagen: „Ich schau Dir in die Augen, Kleines.“ Und am Straßenrand verdreht sie einigen Verdutzten manchmal nicht nur den Hals, sondern auch den Kopf.

Das Innenleben macht einen digital-frisch-aufgeräumten Eindruck mit hoher Material- und Verarbeitungsqualität. Wer vorn sitzt, hat ein prima Raumgefühl. Hinten gefallen der helle Stoffhimmel und das Panorama-Glasdach, das für einen Lichtdurchfluteten Innenraum sorgt. 228 Liter Kofferraum sind nicht der Brüller. Bei umgeklappten Rückenlehnen (zweigeteilt umlegbar) erschwert eine hohe Stufe das Beladen. Aber man kommt so auf 858 Liter Stauvolumen.

Was nervt, ist das Überwachungssystem, das ständig optisch und akustisch darüber informiert, dass die Notlenkung aktiviert ist, und eingreift, wenn die Sensorik etwas auf dem Asphalt entdeckt. Und der wiederholte, Kamera-basierte, Einwurf, ich möge bitte nicht geistesabwesend sein und mich auf den Verkehr konzentrieren, ist zumindest diskutabel. Die Assis können zwar alle deaktiviert werden, sind aber beim nächsten Start wie die Heinzelmännchen wieder da.

Zur Ehrenrettung sei gesagt: Euro NCAP bescheinigt dem Ora Funky Cat oder jetzt GWM Ora 03 allerhöchste Sicherheit. Im Segment der Kompaktklasse sei er das am besten bewertete Modell. Dagegen macht die Unterhaltung via Sprachassistent nicht nur Spaß, sie funktioniert auch und unser Testwagen erledigte die ihm auferlegten Aufgaben (Fenster schließen, Heizung aktivieren, Schiebedach öffnen etc.) prompt und mit angenehmer Stimme.

Und wie fährt sich unser Schnurr-Kätzchen? Über ein Mittelkonsolen-Rad werden Rückwärtsgang, Leerlauf und Dauerbetrieb aktiviert. Also, der macht richtig Laune. Go-Kart-Feeling  wie beim  Knupp-Auto an der Kirmes. Lenkung direkt mit guter Rückmeldung. Fahrwerk bleibt auch in engen Kurven stabil. Rekuperieren ist Teil des Fahrgefühls bei einem Elektroauto, das sein gesamtes Drehmoment sofort zur Verfügung stellt. Weshalb er beim ersten Tritt aufs Gaspedal abgeht wie „Schmitts Katze“.

Unser Fazit: GWM will den Wagen mit Macht einführen. Weshalb es bis März einen Preisnachlass von 12.000 Euro auf 26.990 Euro für die Basisversion 300 gab. Die ehemalige „funky cat“ ist, abgesehen von Kinderkrankheiten, stimmig. Vermisst haben wir ein Head-Up-Display. Doch da eine Katze bekanntlich sieben Leben hat, wird eines davon ihr Körbchen auf dem Stromer-Markt finden.

Technische Daten GWM Ora 03  400 Pro+

Ausführung:                         fünfsitzige Limousine

L / B / H:                                4,23 / 1,82 / 1,60 Meter

Radstand:                             2,65 Meter

Kofferraumvolumen:          228 – 858 Liter

Motor:                                   Permanenterregter Synchronmotor

Leistung:                                171 PS

Höchstgeschwindigkeit:      160 km/h

Batterie:                                 Lithium-Ionen 63 kWh (netto 59,2)

Reichweite:                            420 Kilometer (WLTP)

Getriebe:                                1Gang-Automatik

Antrieb:                                   Vorderrad

Preis:                                        ab 44.490 Euro

Text und Fotos: Charlys Autos