Nein, das hätte ich mir nie träumen lassen. Dass so ein Auto, das mir damals in den 1970er oder 1980er Jahren Tag für Tag vor der Nase rum fuhr, mal auf einer Messe ausgestellt werden würde, weil es auf einmal etwas Besonderes war.
Etwas, für das Leute Eintritt bezahlten, um es sich an zu sehen und das auf einmal sogar so etwas wie Kultcharakter entwickeln würde. Denn genau jene sogenannten früheren Alltags-Fahrzeuge sind es, die bei der weltgrößten Automobilmesse, der „Techno Classica“, die noch bis am Sonntag, 14. April geöffnet ist, für viele Besucher im Mittelpunkt stehen.
Klar: auch die wunderschönen Preziosen der Vergangenheit, die gepflegten Beauty-Cars, vor stolzer Pracht glitzernd und blank geputzt flimmernd, rühmen sich damit, dass sich in etwas mehr als vier Tagen geschätzte 180.000 Besucher um sie drängen. Mobile Exzesse des gepflegten, extravaganten Aussehens, für die ein paar 100.000 Euro oder mitunter auch mehr als eine Million ausgegeben werden. Raritäten aus den Häusern Bentley, Rolls Royce. Maserati, Lamborghini, Ferrari, Porsche und, und, und.
Doch die Mehrzahl jener Besucher, die sich durch die Hallen und über die Freigelände mit den Schnäppchen-Märkten zwängen, sind halt mit einem Ford (50 Jahre Capri), einem Peugeot (50 Jahre 504 Cabrio) oder gar einem alten Pneumatik-Citroen (100 Jahre) in ihrer Jugendzeit rum kutschiert. Diese Autos, Massenware halt, sind die heimlichen Stars der „TC“, die in diesem Jahr in ihrer 31. Auflage über die Bühne geht. Immer mehr Clubs nutzen die Möglichkeiten, sich dort mit sogenannten „Brot-und-Butter-Autos“ zu präsentieren. Mit einem VW 411, einem Mungo, einem jener unscheinbaren kleinen, wie modelliert ausschauenden Alfa Romeo. Einer Giulia Spider oder einem Alfasud (später Sprint). Um nur einige Exponate dieses Genres stellvertretend zu nennen.
Die Techno Classica ist ein Eldorado für jene Menschen, die sich an den schönen Dingen des Lebens erfreuen, sich einfach treiben lassen können und wollen. Die stehen bleiben und (be)staunen. Die die Kunst früherer Jahre, den Einfallsreichtum, wert zu schätzen wissen. Die wissen, wo (nur) träumen möglich und erwünscht ist. Wo aber auch die eigene persönliche Gedankenreise mit Fahrzeugen, die ein Teil des eigenen Lebens waren, ein Grund fürs vorbei schauen ist.
Wer mit offenen Augen über den Blech- und Chromboulevard in der Ruhrmetropole wandert, dem wird jedoch auffallen, dass die Menschen, die sich um die seltenen und weniger seltenen Automobile drängen, den Exponaten in der Zahl der Jahre immer näher kommen. Jüngere Auto-Liebhaber dagegen finden sich größtenteils auf der „Radau-und-Karacho-Messe“, der „Essen Motor Show“ im Dezember ein.
Die Oldtimer-Clubs dagegen, so sagt es auch der ehemalige Motorsport-Direktor von BMW, Dr. Mario Theissen, hätten ein grundsätzliches Nachwuchsproblem. Der Mann aus Mayen in der Eifel ist inzwischen einer der weltweit anerkanntesten Experten der Klassik-Szene und Vizepräsident des internationalen Oldtimer-Verbandes FIVA (Fédération Internationale des Véhicules Anciens). „Das Durchschnittsalter der Gleichgesinnten wird von Jahr zu Jahr höher, und eine Verjüngung durch neue Generationen ist nicht sicher.“, wird Theissen in einer Pressemitteilung des Verbandes zitiert.
Und ob sich auf der Techno Classica des Jahres 2050 oder 2060 – falls es sie dann noch gibt – die heute 20- oder 30jährigen in Ehren ergraut um ein Carsharing-Fahrzeug oder einen autonom fahrenden seelenlosen Roboter drängen, das wage ich dann doch sehr zu bezweifeln.